Das Leben in einer Scheinwelt

Das Urteil gegen den aus dem Irak stammenden 22-Jährigen, der mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft hat, geht in Ordnung. Auch wenn die Staatsanwaltschaft überraschenderweise von der zunächst erhobenen Anklage wegen Totschlags abrückte und der Mann daher "nur" wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, ändert das nichts an dem Strafmaß.

Die Anklage und das Gericht sind damit von dem im deutschen Strafrecht nicht existierenden Begriff des "versuchten Ehrenmords" weggekommen. Eine Tötungsabsicht war dem uneinsichtig wirkenden Mann vor Gericht nicht nachzuweisen. Der Fall der durch ihren Bruder fast erschlagenen 17-Jährigen belegt, dass es auch in der Region Parallelgesellschaften gibt. Dass aus dem Ausland stammende Familien nie wirklich in Deutschland angekommen sind und weiter nach ihren eigenen Regeln und Denkmustern leben. Der Prozess gegen den 22-Jährigen hat eindrucksvoll gezeigt, dass dies nicht nur ein Phänomen großstädtischer Migranten-Milieus ist, wo die Einwanderer oft abgeschottet vom Rest der Bevölkerung leben.

Der Angeklagte machte vor Gericht deutlich, dass er wenig von der deutschen Rechtsordnung hält. Er sieht nichts Unrechtes darin, seine Schwester fast totzuschlagen. Er gibt dem Gericht zu verstehen, dass sie es verdient habe.

Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche hat das Trierer Landgericht ein Urteil gefällt, in dem es um falsch verstandene Familienehre geht. Auch beim Richterspruch gegen einen 61-jährigen Familienvater aus dem schwäbischen Albstadt, der den Freund seiner Tochter niedergestochen hat, wurde deutlich, dass die Rechtsauffassung einiger, vor allem aus islamischen Ländern stammenden Einwanderer, nicht mit der deutschen übereinstimmt. Sie leben in einer Scheinwelt mit eigenen Regeln.

Welche fatalen Folgen das haben kann, hatte sich im Mai vergangenen Jahres in Hamburg gezeigt, als ein Deutsch-Afghane seine jüngere Schwester mit 23 Messerstichen tötete, weil sie nicht nach den strengen Regeln afghanischer Tradition leben wollte. Parallelen zu dem Trierer Fall drängen sich auf, auch wenn das Gericht dem 22-Jährigen letztlich keine Tötungsabsicht nachweisen konnte. Das Motiv für den brutalen Angriff, durch den die damals 17-jährige Schwester des gestern in Trier Verurteilten fast gestorben wäre, war das gleiche wie das für die Messerstiche auf die 16-jährige Morsal in Hamburg.

b.wientjes@volksfreund.de

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