Das Leid lässt sich nicht relativieren

Wohl keine andere Großstadt in Deutschland leidet bis heute so an den Folgen des Krieges wie Dresden. Die Zerstörung ihrer barocken Pracht in jener Schreckensnacht des 13. Februar 1945 hat tiefe Spuren im kollektiven Bewusstsein der Sachsen-Metropole hinterlassen.

Das trostlose Fotomotiv von der Statue am Dresdner Rathausturm, die auf eine Trümmerwüste hinabschaut, ist zum Symbol für die Leiden der deutschen Städte im Zweiten Weltkrieg geworden. In seiner Rede in der wieder aufgebauten Frauenkirche hat Joachim Gauck gestern allerdings auch zu Recht daran erinnert, dass das Leid von Dresden so stark politisch instrumentalisiert wurde wie kaum ein anderes.

Anfangs von den Nazis, die in ihrer Kriegspropaganda weit höhere Opferzahlen behaupteten. Später von der SED, die die Zerstörungen durch "anglo-amerikanische Bomber" für den Klassenkampf gegen den Imperialismus ausschlachtete. Und heute von Rechtsextremisten bis hin zu Pegida-Anhängern, die die Erinnerung an das Dresdener Inferno für nationalistische und fremdenfeindliche Parolen missbrauchen.

Ihnen hat der Bundespräsident ins Stammbuch geschrieben, dass sie Ursache und Wirkung nicht verwechseln sollen. Wer der Opfer in der deutschen Zivilbevölkerung gedenkt, der darf das unermessliche Leid nicht vergessen, das die Nazis mit ihrem barbarischen Eroberungsfeldzug über Juden, Russen, Polen und viele andere gebracht haben.

Dieses Leid lässt sich durch nichts relativieren. Ohne eine umfassende Erinnerung kann es keine Versöhnung geben, im schlimmsten Fall nur Rache und Vergeltung.

All das hat Gauck eindringlich klargemacht. Und dafür gebührt ihm Dank.
nachrichten.red@volksfreund.de

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