Das schlimmere Übel

Wieder einmal steht Barack Obama vor der Quadratur des Kreises. Einmal mehr stürzt ihn das Konfliktknäuel des Nahen Ostens ins Dilemma.


Der amerikanische Präsident, der lange nur eines wollte, der nicht hineingezogen werden wollte in die Bürgerkriege einer Region in Aufruhr, er hat eigentlich nur die Wahl zwischen zwei Übeln. Soll seine Luftwaffe die Glaubensfanatiker des Islamischen Staats (IS) auch in Syrien bombardieren? Im Wissen darum, dass man damit das Regime Baschar al-Assads stärkt? Oder soll er die IS-Rebellen nur im Irak angreifen lassen und damit in Kauf nehmen, dass sie in ihren syrischen Hochburgen schalten und walten können, wie sie nur wollen? Es war Obama, der Assad einst in kompromisslosem Ton zurief, dass es Zeit sei, zu gehen. Es war Obama, der Assads Kommandozentralen um ein Haar mit Cruise Missiles attackiert hätte, um nach dem Einsatz von Chemiewaffen eine rote Linie zu ziehen - bevor ihn die Kriegsmüdigkeit der Amerikaner zur Umkehr bewog.
Nun aber sieht er sich förmlich gezwungen, indirekt mit Assad zu kooperieren, auch wenn keiner seiner Berater das Wort Kooperation auch nur in den Mund nehmen würde. Der Islamische Staat ist das größere Übel als Assads brutale Autokratie.
Die Aussicht, dass sich am Tigris ein Terrorstaat etabliert, wie einst in Afghanistan, nur diesmal im Herzen des Nahen Ostens, sie diktiert inzwischen das Handeln. Hinzu kommt das Emotionale: Der barbarische Mord an dem Journalisten James Foley hat die Stimmung kippen lassen. Die Enthauptung hat das amerikanische Wahlvolk derart aufgewühlt, dass es seinem Staatschef - anders als vor zwölf Monaten bei der Causa Chemiewaffen - eher übelnehmen würde, würde er Militärschläge gegen die syrischen Stellungen der Miliz nicht zumindest erwägen.
Um es mit Personen aus den frühen 1940er Jahren zu vergleichen: Assad ist Stalin, der IS ist Hitler.
nachrichten.red@volksfreund.de

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