Das Steuerabkommen ist tot

Die Kritik der Opposition am Steuerabkommen mit der Schweiz erinnert vielfach an das "So nicht", mit dem der damalige CDU-Oppositionsführer Rainer Barzel Anfang der 70er Jahre die Ostverträge ablehnte. Die Union wusste zwar, dass die Verträge im Prinzip sinnvoll waren, mäkelte aber an Details herum.

Sie wollte sich bei dem für ihre Anhänger schwierigen Thema ("Dreigeteilt - niemals!") nicht in die Mitverantwortung nehmen lassen.
Das dürfte auch das Hauptmotiv von SPD-Chef Sigmar Gabriel, NRW-Finanzminister Norbert-Walter Borjans und all den anderen Nein-Sagern in Bundestag und Bundesrat sein, die das fix und fertig ausgehandelte Abkommen derzeit blockieren. Etliches an den Einwänden ist plausibel. So ist nicht einzusehen, dass den Steuerflüchtlingen nach Inkrafttreten der Regelung noch Zeit bleiben soll, um ihr Geld in andere "sichere Häfen" zu transferieren.
Oder warum es nicht weiterhin möglich sein soll, per Ankauf von Steuer-CDs stichprobenartig nach Sündern zu suchen. Straftat bleibt Straftat. Anders aber steht es um den Haupteinwand der Opposition. Die Pauschalbesteuerung der Altfälle mit rund 21 Prozent sei den ehrlichen deutschen Steuerzahlern nicht zu vermitteln, heißt es da. Gabriel spricht gar von der "Legalisierung der Steuerhinterziehung". Man muss ihn daran erinnern, dass die rot-grüne Regierung 2004 gleich für alle damaligen Steueroasen eine Amnestie ausrief, ebenfalls zu einem Pauschal-Steuerbetrag, der niedriger als das damals Übliche war. Dass die heutige Abgeltungssteuer von 25 Prozent nicht gerecht ist, ist zwar wahr - aber sie wurde in der Großen Koalition mit den Stimmen der Sozialdemokraten beschlossen.
Mehr Redlichkeit wäre in der ganzen Debatte angemessen. Zu der würde auf der anderen Seite auch die Einsicht der Bundesregierung gehören müssen, dass man ein Abkommen mit einer solch hohen emotionalen Bedeutung nicht im Geheimen und nicht ohne die Opposition aushandeln kann, wie es geschehen ist. Das hat viel von dem Misstrauen geschürt. Ebenso wie manche Äußerung aus den Koalitionsparteien gegen die Nutzung von Steuer-CDs. Nicht alle Politiker der Koalition, insbesondere nicht der FDP, haben zu jeder Zeit gleich stark deutlich gemacht, dass sie es ernst meinen mit der Bekämpfung der Steuerflucht.
Vor der Bundestagswahl wird das nichts mehr mit diesem Abkommen. Damit ist es faktisch tot. Aber danach müssen Union und SPD einen neuen Anlauf verabreden. Die Behörden sollten sich nicht auf Dauer in das schmutzige Geschäft mit geklauten Dateien begeben müssen. Die Schweiz wird sich neuen Verhandlungen nicht verschließen. Nicht, wenn die deutsche Politik gemeinsam wirklich ernst macht. Steuerflucht ist nicht lustig.
In Zeiten der Euro-Krise weniger denn je. In Griechenland, aber auch in Spanien und Italien, sieht man, wie sehr es Gesellschaften kaputtmacht, wenn die einen sich dem Gemeinwohl entziehen und die anderen, vor allem die Mittelschicht, die wachsenden Lasten tragen sollen. Das wird man den Verantwortlichen in Bern deutlich sagen und den Schweizer Banken zur Not auch ganz praktisch zeigen müssen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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