Die Woche im Blick Die Symbolik eines großen Feuers
Es gibt wenige Ereignisse, die in der ganzen Welt für Aufmerksamkeit sorgen. In dieser Woche gab es ein solches: den Brand von Notre Dame.
Die Kathedrale mitten in Paris ist eines der Symbole des Christentums. Sie stand stets auch dafür, dass Bauten dieser Größe nie richtig beendet sind. Gebäude dieser Art, in dieser Diffizilität bedürfen einer stetigen Erneuerung. Ähnliches zeigt sich etwa beim Blick auf den Kölner Dom, das einzige Gebäude in Deutschland, das in der Symbolik und in der Popularität zumindest ansatzweise mit Notre Dame mithalten kann.
Schon am Tag des Brandes zeigte sich, dass viel mehr brannte als ein altes Gebäude. Menschen erinnerten sich nicht nur, aber am besten sichtbar in den sozialen Medien an ihre Kirchenbesuche, an Ausflüge in die französische Hauptstadt, teils auch nur an Bilder und Fotos der Kirche. Und vor Ort beteten und weinten sie zusammen. Es ist schwer zu erklären: Die Messen sind in Frankreich keineswegs besser besucht, die katholische Kirche verliert hier wie anderswo viele Mitglieder, ihre Bedeutung lässt ebenfalls stark nach, und das liegt nicht an der Trennung zwischen Kirche und Staat. Aus dem Brand von Notre Dame, vor allem aber aus der Anteilnahme lässt sich etwas Positives ziehen: die Erinnerung an Symbole, die uns wichtig sind, an eine Kultur, die uns verbindet. Davon können sich selbst Menschen nicht lösen, die nicht an Gott glauben oder nichts mit der Kirche zu tun haben wollen
Es lohnt sich, bei solchen Unglücken, in solchen Momenten, nachzudenken, was verschwindet, wenn diese Kultur endgültig verloren ginge. Die Kirchen und auch das Christentum spielen für weniger Menschen eine wichtige Rolle. Gerade in dieser Osterwoche zeigt sich das: Es gibt Menschen, die nicht einmal mehr wissen, warum getrauert und dann gefeiert wird. Der Glaube an die Auferstehung ist in unserer sich zumindest immer aufgeklärt gebenden Wissensgesellschaft etwas schwer zu Vermittelndes. Er ist nichts, was sich in einem schnellen Facebook-Post erläutern lässt – wie so oft ist dies bei der Ablehnung viel einfacher.
In den vergangenen Jahren zündelten viele an den Grundgerüsten des Glaubens, und bei der katholischen Kirche kamen – es ist wichtig, das zu betonen – die größten Bedrohungen in vielen Fällen von innen. Beim Missbrauchsskandal hat sie etwa viel zu viel Zeit verstreichen lassen, Verantwortliche haben die Probleme vertuscht, ignoriert und kleingeredet. Nun laufende Gespräche mit Opfern sind selbstverständlich, sie hätten es schon lange sein müssen.
Es wird einen kompletten Wiederaufbau von Notre Dame in Paris geben. Das ist spätestens nach den Millionenzusagen von Spendern und der Rede von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sicher. Wie es mit der katholischen Kirche, mit dem Christentum allgemein weitergeht, ist dagegen wesentlich schwerer vorherzusagen. Ein einzelnes Ereignis wie der Brand von Notre Dame rückt die Probleme mit in den Blick – lösen können dies nur die Würdenträger und alle Gläubigen gemeinsam.
t.roth@volksfreund.de