Der Hass gefährdet unsere Freiheit

Zu früh, zu opportunistisch, zu populistisch und viel zu hasserfüllt war vieles von dem, was schon wenige Stunden nach dem Anschlag von Berlin gesagt, gepostet und politisch gefordert wurde. Lange bevor überhaupt bekannt war, wer der mutmaßliche Täter sein könnte.

Und noch viel länger bevor sämtliche Hintergründe des Terroranschlags aufgeklärt sind.
Wenn sich bewahrheiten sollte, dass tatsächlich ein als Gefährder bekannter Tunesier, der längst abgeschoben werden sollte, der Attentäter ist, dann darf man natürlich über einige grundsätzliche Dinge diskutieren. So grundsätzlich, wie die Frage, ob unsere Gesellschaft angesichts der terroristischen Bedrohung eine offene Gesellschaft bleiben kann. Die Antwort lautet: Sie muss. Denn sonst werfen wir den Terroristen unser wertvollstes Gut vor die Füße: unsere Freiheit.

Auch die Frage, ob die Grenzen offenbleiben können (unbedingt!) sollte man ebenso ideologiefrei diskutieren, wie jene, ob die ankommenden Flüchtlinge hinreichend kontrolliert wurden (womöglich nicht) und wie es überhaupt sein kann, dass jemand, der als gefährlich eingestuft wird und abgeschoben werden soll, hier frei herumläuft und einen Anschlag begehen kann, obwohl er observiert wurde.

All diese und viele weitere Fragen in Zusammenhang mit der deutschen Flüchtlingspolitik darf man diskutieren. Das sind Fragen, die Deutsche jeglicher politischer Couleur sich derzeit stellen. Und da darf es auch keine ideologischen Tabus geben. Spielen diese doch nur den Rechtspopulisten in die Hände.

Nicht tolerierbar sind hingegen die Hasskommentare, die derzeit zu Zigtausenden in den sozialen Medien verbreitet werden. Flüchtlinge, Muslime oder Politiker werden beleidigt, beschimpft, erniedrigt, zu Objekten degradiert, mit Tieren verglichen, identifizierbare Facebooknutzer wünschen dem "Flüchtlingspack" oder den "Politverbrechern" den Tod oder sie rufen unter dem Deckmäntelchen der Satire gar zum Mord auf.

Wut und Trauer sind verständlich. Dieser blinde Hass jedoch ist abscheulich. Und zum Teil auch kriminell. Noch schaut die Mehrheit der Internetnutzer den Hasserfüllten angewidert und schweigend zu. Das muss sich ändern. Zweifellos erfordert es Zivilcourage, sich in die hässlichen Diskussionen einzumischen oder mit einem eigenen Statement Flagge zu zeigen - gegen Fremdenhass und Gewalt. Aber es ist dringend nötig.

Denn die laute und aggressive Minderheit ist dabei, die Atmosphäre zu vergiften. Sie sät Gewalt. Sie gefährdet unsere Freiheit. Das dürfen wir nicht zulassen.
k.demos@volksfreund.de

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