Der Kirchenbann kommt reichlich spät

Die Entscheidung der deutschen Bischöfe, sich von ihrer Verlagsgruppe Weltbild zu trennen, ist richtig und konsequent. Dennoch: Der Kirchenbann kommt reichlich spät und erst nach massiver Kritik.

Dass der Weltbildverlag auch pornografische, erotische und esoterische Literatur und Filme vertreibt, ist beileibe nicht neu. Schon in den vergangenen Jahren haben sich konservative Kreise immer wieder darüber echauffiert. Doch passiert ist so gut wie nichts, auch weil die Welle des Protests stets übersichtlich war, allenfalls kirchenintern etwas höherschlug. Von der Kanzel herab geißelten die Bischöfe mit erhobenem Zeigefinger die allzu freizügige und unsittliche Sexualmoral, um über den Weltbildverlag an den Auswüchsen zu verdienen. Ob es am Ende nur einige Zehntausend Euro jährlich waren oder gar Millionen, spielt dabei letztlich keine Rolle. Die katholischen Kirchenoberen haben ihren Schäfchen Wasser gepredigt und selbst Wein getrunken. Das konnte auf Dauer nicht gutgehen.
Es war letztlich eine Äußerung von Papst Benedikt XVI. bei der Einführung des neuen deutschen Botschafters im Vatikan, die an Deutlichkeit kaum zu überbieten war und den Bischöfen keine andere Wahl ließ, als die umsatzträchtige Verlagsgruppe nun zu verkaufen.
Was hätte der Klerus auch anderes machen sollen, um den Pornovorwürfen den Nährboden zu entziehen - künftig jedes Buch und jede DVD von einer ausgewählten Gruppe verdienter Pastöre zensieren lassen?
Da ist der Weltbild-Verkauf allemal ein konsequenter und weniger peinlicher Schritt.
Eine Personalie lässt in diesem Zusammenhang noch aufhorchen. Seit gestern sitzt nämlich der Trierer Generalvikar Georg Holkenbrink im Aufsichtsrat der Verlagsgruppe und kontrolliert damit die Geschäftsführer. Freiwillig hat der Verwaltungschef des Bistums diesen Job nicht gewählt, sein Chef, Bischof Stephan Ackermann, wird ihn in den Aufsichtsrat kommandiert haben. Nach seiner Ernennung zum katholischen Missbrauchsbeauftragten hebt der Trierer Bischof damit schon zum zweiten Mal in einer Situation den Finger, in der die katholische Kirche in der Krise steckt.
Das versteckte Signal werden seine Kollegen im Episkopat verstehen: Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wähnt sich noch nicht am Ende der Karriereleiter angelangt.
r.seydewitz@volksfreund.de

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