Der kleine Finger

Die Debatte um Steuersenkungen wird Angela Merkel nicht mehr los. Und sie wird ihr das politische Leben bis zur Bundestagswahl noch arg schwer machen.Die Kanzlerin hat gestern klargestellt, dass es eine Mehrwertsteuer-Senkung in einigen Dienstleistungsbranchen mit ihr nicht geben werde.

Damit liegt die CDU-Vorsitzende mal wieder auf einer Linie mit der SPD, aber eben nicht mit der Schwesterpartei CSU. Die ringt bekanntlich um Profil und sorgt sich derzeit vor allem darum, dass sie bei der Europawahl an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte. Ähnlich wie im Streit um die Pendlerpauschale stellt sich Merkel also erneut gegen die Bayern. Deftiger Ärger ist programmiert.

Sie weiß: Reicht sie bei der Mehrwertsteuer den kleinen Finger, wird gleich nach der ganzen Hand gerissen werden. Denn dann werden viele fragen, warum in der Konjunkturkrise für die eine Branche die Steuer gesenkt wird und für die andere nicht. Und prompt ist man mittendrin in der Debatte, ob die Mehrwertsteuer nicht gleich wieder gänzlich reduziert werden sollte, nachdem sie von der Großen Koalition ja um satte drei Prozentpunkte angehoben worden ist. Das will die Kanzlerin unbedingt vermeiden. Eine Senkung der Mehrwertsteuer wäre für die Bürger vielleicht ein Konsum-Anreiz, aber angesichts all der Milliarden, die der Staat zur Belebung der Konjunktur ausgibt, eine Katastrophe für den Etat.

Trotzdem, eine Grundsatzfrage bleibt in diesem Zusammenhang: Warum gibt es Steuer-Ermäßigung für Hundefutter und Schnittblumen, aber zum Beispiel nicht für Babywindeln? Das Mehrwertsteuer-System ist dringend reformbedürftig. Doch es traut sich keiner. Denn dazu braucht man Mut und Beharrlichkeit, um sich gegen besonders starke Widerstände durchzusetzen - und das ist nicht gerade eine Eigenschaft dieser Kanzlerin.

nachrichten.red@volksfreund.de

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