Der letzte Schuss

Einfach gesagt ist die Euro-Krise eine Vertrauenskrise: Ich leihe dir kein Geld mehr, weil ich nicht mehr sicher bin, dass ich es zurückbekomme. Diese Vertrauenskrise betraf anfangs nur Griechenland, wuchs aber schnell zu einer regelrechten Panikwelle heran.

Pleiten ganzer Staaten, Gefahren für Banken und Blockaden des Geldverkehrs drohten - und damit auch Einbrüche der Realwirtschaft. Die Euro-Länder geben darauf nun nach langem Herumgedruckse endlich eine massive Antwort: Ja, das griechische Geld ist leider zur Hälfte futsch. Aber wir helfen den Banken, das zu verkraften. Und vor allem stehen wir, die starken, zahlungsfähigen Staaten, mit einem Großteil unseres Volksvermögens dafür ein, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt. Wir bürgen für alle anderen Anleihen.
Das ist der letzte Schuss. Viel mehr als die 440 Milliarden, die nun im Garantietopf liegen, aufgehebelt auf eine Billion, geht nicht. Denn eine Bürgschaft, die nicht durch ein real mobilisierbares Vermögen unterlegt ist, ist nur wertloses Papier. Beispiel Deutschland: Man stelle sich vor, auch nur die Hälfte des deutschen Garantieanteils von 211 Milliarden Euro müsste tatsächlich aufgebracht werden - durch Steuererhöhungen und Sozialkürzungen. Es wäre die Hölle los.
Für den Moment könnte sich die Angst nach den Brüsseler Beschlüssen wieder legen. Aber sie wird wiederkehren, wenn jetzt nicht sofort mit der eigentlichen Arbeit begonnen wird: Europa muss herunter von den Schulden, es muss überall wirtschaftlich leistungsfähiger werden, und es muss sich politisch besser koordinieren. Mit anderen Worten: Europa muss sich neu erfinden.
Es gab einmal einen Maßstab für einen gesunden Euro: Das Maastricht-Kriterium, wonach die Staatsverschuldung nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen darf. Fast alle, auch Deutschland, liegen weit darüber. Das muss sich jetzt ändern, um auf die sichere Seite zu kommen. Zusätzlich muss es überall eine Schuldenbremse geben, damit die Kultur des Verprassens aufhört. Und drittens ist auch die Kultur des Wuchers an den Finanzmärkten zu beenden. Das alles steht nun auf der Tagesordnung. Für ganz Europa und jedes einzelne Mitgliedsland. Wenn nur ein Staat an dieser Aufgabe scheitert, kann er, das hat Griechenland gelehrt, alle anderen in den Abgrund reißen. Nach der Krise ist vor der Krise. Entweder Europa schafft diesen Wandel - oder es schafft sich als Staaten- und Wirtschaftsgemeinschaft ab.

nachrichten.red@volksfreund.de

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