Der Patient atmet wieder

Operation geglückt, der Patient atmet wieder: Wirtschaftsminister Hendrik Hering hat dem Nürburgring in Rekordzeit neues Leben eingehaucht. Nur drei Monate hat der Sozialdemokrat gebraucht, um das im Dezember vorgestellte "Zukunftskonzept" vertraglich unter Dach und Fach zu bringen.Allenfalls vorsichtig lässt der Minister durchblicken, welches Chaos ihm der im Juli vergangenen Jahres gestrauchelte Ex-Finanzminister Ingolf Deubel als Chef des Nürburgring-Aufsichtsrates und der gefeuerte Hauptgeschäftsführer Walter Kafitz hinterlassen haben.

Wenn zum Beispiel von 1100 teils unsinnigen Verträgen und einem undurchsichtigen Firmengeflecht mit der Nürburgring GmbH und 20 Töchtern die Rede ist, lässt sich Herings Kraftakt erahnen.

Für das rasche Aufräumen am Ring gebührt dem Minister ein Lob. Doch die entscheidende Frage lautet, ob der Patient Nürburgring nun dauerhaft überlebensfähig ist. Es steht zu befürchten, dass er eines Tages Infusionen vom Steuerzahler benötigen wird. Das Land hat zwar das Management der Rennstrecke in private Hände übergeben, das Risiko für die gewaltigen Investitionen von 330 Millionen Euro lastet jedoch jetzt komplett auf ihm.

Obwohl sich die Betreiber Jörg Lindner und Kai Richter vertraglich auf 20 Jahre gebunden haben und damit Zuversicht demonstrieren, könnten sie rasch und ohne Nachteile zu erleiden verschwunden sein, wenn sich die Gewinne nicht realisieren lassen. Denn das Land ist auf ihre Pachtzahlungen dringend angewiesen, um die hohen Belastungen für die Bedienung der 330-Millionen-Kredite zu schultern, und müsste den Betreibern zwangsläufig kündigen, wenn die Pacht ausbleibt.

Eines gelingt Minister Hering auf jeden Fall: Er bringt an entscheidender Stelle Entlastung in der seit einem Jahr schwelenden Nürburgring-Affäre. Die Landesregierung kann mit Vorlage des "Zukunftskonzeptes" für sich in Anspruch nehmen, dass sie auf die zahlreichen Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit reagiert hat. Damit entzieht sie der Opposition weitgehend einen Wahlkampfschlager.

Ob das Konzept tatsächlich wirtschaftlich tragfähig ist, wird sich nämlich erst in ein paar Jahren zeigen. Dann ist die Landtagswahl im März 2011 längst gelaufen.

f.giarra@volksfreund.de

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