Kommentar Der sture Bayer schadet der Region und der gesamten EU

Wenn es eines Beweises bedurft hätte, wie absurd die Grenzkontrollen sind, dann hat es diesen gestern gegeben. Die Bundespolizei hat aus „humanitären Gründen“ die Grenzen ein Stück weit geöffnet, um Muttertagsbesuche zu erlauben.

Kommentar : Der sture Bayer schadet der Region und der gesamten EU
Foto: TV/Schramm, Johannes

Aber nur für einen Tag. Und nur wenn der von der Luxemburger Seite kommende Sohn oder die Tochter glaubhaft nachweisen konnte, dass ihre Mutter auf der anderen Seite der Grenze lebt.
Keine Frage: eine nette Geste der Bundespolizei, die angeblich mit Bundesinnenminister Horst Seehofer abgesprochen war. Allein wäre dieser vermutlich nicht auf die Idee gekommen. Denn der grenzüberschreitende Besuch der eigenen Mutter zählt nicht als triftiger Grund, aus Luxemburg, Frankreich, Österreich oder der Schweiz nach Deutschland einzureisen.

Wie viel Angst muss Seehofer davor haben, dass Bürger aus den Nachbarstaaten „illegal“ über die Grenze kommen, wenn die muttertagsbedingte Lockerung der Kontrollen nicht vorher angekündigt werden durfte. Angeblich um Missbrauch und eine Reisewelle zu verhindern. So als seien Luxemburger Kriminelle, die man nicht in Deutschland haben will.

 Es hat den Anschein, dass es die späte Rache des Bayern dafür ist, dass die Bundeskanzlerin im September 2015 zu Recht Tausenden Flüchtlingen, die in der Bruthitze in Ungarn auf der Autobahn Richtung Österreich marschierten, die Einreise nach Deutschland erlaubt hat. Eine humanitäre Geste ohne die Zustimmung von Seehofer, der damals bayerischer Ministerpräsident war. Er wollte die Grenze für die Flüchtlinge schließen.

Für die derzeitigen Kontrollen an der luxemburgischen Grenze, die für Tausende Pendler in der Region seit Wochen tägliche Staus bei der Heimfahrt bedeuten, hat es noch nie einen Grund gegeben. Vermutlich haben sich irgendwelche Beamte in Seehofers Ministerium im März zu Beginn der Pandemie auf einer Karte angeschaut, wie sie verhindern können, dass Menschen aus der besonders von Sars-Cov-2 betroffenen französischen Region Grand Est ungehindert nach Deutschland kommen können. Da hat man in Berlin wahrscheinlich gesehen, dass Luxemburg an Frankreich grenzt und das Großherzogtum womöglich ein „Schlupfloch“ sein könnte für Franzosen. Doch spätestens seit die Zahl der Neuinfektionen sowohl auf deutscher als auch auf luxemburgischer und französischer Seite zurückgegangen ist und es hier wie dort Lockerungen gibt, hätten die Kontrollen beendet werden müssen.

Doch Seehofer bleibt stur. Er lässt sich nicht beeindrucken von dem Bitburg-Prümer Landrat, der aus Protest einen mit der EU-Flagge bedruckten Mundschutz trägt, genauso wenig wie von dem Wutschreiben des luxemburgischen Außenministers.

Seehofer ist sich offenbar nicht bewusst, wie groß der Schaden ist, den er mit seiner Sturheit in der Region und für Europa anrichtet.

b.wientjes@volksfreund.de

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