Deubel zahlt eine hohe Zeche

Koblenz · Es ist eine hohe Zeche, die der ehemalige Finanzminister Deubel für seine dubiosen Finanzierungskünste zahlen muss. Dreieinhalb Jahre Haft für eine Straftat, die nachweislich nicht dem Zweck diente, den Täter persönlich zu bereichern: Das ist eine harte Kante – vor allem, wenn man es mit einem Steuerhinterziehungsurteil wie im Fall Hoeneß vergleicht, wo es um Betrug zu Gunsten des eigenen Geldbeutels ging.

Die Koblenzer Richter haben ein Stück deutsche Rechtsgeschichte geschrieben: Noch nie wurde ein Regierungspolitiker real ins Gefängnis geschickt, weil er ein politisch gewünschtes Projekt in den Sand gesetzt hat. Zumal Deubel keineswegs die treibende Kraft hinter dem Nürburgringdebakel war, sondern nur einer, der sich selbst und seine Steuerungsfähigkeiten gnadenlos überschätzt hat. Und bei dem alle politischen Kontrollmechanismen kläglich versagten.

Denn auch das macht das Urteil deutlich: Dass sich Deubel immer mehr in die absurdesten Finanzierungstricks verstrickt hat, nachdem die ursprünglich erhofften Geldquellen versiegten. Dass niemand in der Mainzer Landesregierung da war, der die Spinnereien stoppte, weil man den Versicherungen Deubels, alles werde schon irgendwie gut gehen, gegen jede Vernunft glauben wollte. Weil man sich heillos in die Ringpleite verheddert hatte. Und weil man unter Parteifreunden blindes Vertrauen pflegt statt gesundes Misstrauen. Siehe Ring. Siehe Hahn. Siehe 1. FC Kaiserslautern.

Mit der exemplarischen Verurteilung Deubels setzt das Gericht ein klares Signal: Auch wenn man subjektiv im Sinn einer guten Sache handelt, ist nicht jede Gaukelei und Fahrlässigkeit erlaubt. Das wird ein politisches Erdbeben bis in den kleinsten Winkel geben, denn bislang konnten Politiker davon ausgehen, dass sie für elementare Fehlleistungen vielleicht mit der Abwahl, im Normalfall aber nicht mit juristischen Konsequenzen rechnen müssen.

Das ist künftig anders. So mancher, der sich in den vergangenen Wochen und Monaten in den sozialen Netzwerken oder in Leserbriefen über die Becks, von Beusts und Wowereits samt ihren Millionengräbern echauffiert hat, wird jetzt triumphieren. Aber man sollte auch mögliche Kollateralschäden bedenken. Das Urteil legt Politikern nahe, keine Risiken einzugehen, sich bei konkreten Umsetzungsfragen herauszuhalten, die heiklen Punkte der Verwaltung zu überlassen. Hätte Ingolf Deubel die Verantwortung an andere weitergeschoben, von allem nichts gewusst, den Ring einfach sausen lassen - er wäre heute ein freier Mann. Das kann es eigentlich nicht sein.

Der Untreueparagraph, der auf die Gefährdung von Vermögen abstellt, passt im Grunde nicht auf Delikte aus dem Bereich der Politik. Denn es kann manchmal geradezu die Aufgabe der Politik sein, Risiken einzugehen, wenn es um das Gemeinwohl geht. Vielleicht ist das drakonische Urteil gegen Deubel der richtige Anlass, darüber nachzudenken, wie man Steuerverschwendung und Hasardeurtum gegen notwendigen Gestaltungswillen juristisch sauber abgrenzt.

d.lintz@volksfreund.de

Urteil im Nürburgringprozess: Ex-Minister Deubel soll dreieinhalb Jahre ins Gefängnis

Hintergrund: Totalschaden in der Grünen Hölle

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