Die Affäre zieht Kreise

Der Landesrechnungshof prüft, der Staatsanwalt ist eingeschaltet, ein Parlamentarischer Untersuchungs-Ausschuss kommt nach den Sommerferien: Die Nürburgring-Affäre zieht immer größere Kreise. Wenn Ministerpräsident Kurt Beck gedacht hat, er könnte mit raschem und entschlossenem Handeln die Akte schließen, hat er sich getäuscht.Beck geht beim Aufräumen bemerkenswert radikal vor.

Die Posten im Kabinett hat er schnellstens neu besetzt. In den Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH schickt er mit dem ehemaligen NRW-Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold, der den Vorsitz übernehmen soll, Ex-Finanzminister Gernot Mittler und dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Landesbank, Friedhelm Plogmann, kompetente Köpfe. Diese Aktionen werden aber nicht dazu führen, dass sich die Opposition die Chance entgehen lässt, die Rolle des Regierungs-Chefs in der Affäre herauszuarbeiten. Zu durchsichtig ist das Manöver, den zurückgetretenen Finanzminister Ingolf Deubel als alleinigen Sündenbock hinzustellen.

Monatelang haben CDU und FDP vor den dubiosen Geschäftspartnern und seltsamen Transaktionen am Nürburgring gewarnt. Jetzt rächt es sich, dass diese Bedenken von Beck und der absoluten SPD-Mehrheit im Landtag vom Tisch gewischt wurden. Nachsicht oder Zurückhaltung haben sie nicht zu erwarten. Beck wird genau erklären müssen, was er wann über die anscheinend betrügerischen Finanzhaie gewusst hat und warum er erst eingegriffen hat, als es fast schon zu spät war. Wer die Abläufe in der Landesregierung kennt, vermag kaum daran zu glauben, dass die brisante Entscheidung, das im Herbst 2008 schon einmal gescheiterte Finanzmodell im zweiten Anlauf umzusetzen, ohne Detailwissen der Staatskanzlei vom Finanzminister allein beschlossen worden ist.

In den Fokus wird neben dem geplatzten Finanzkonstrukt auch das Projekt selbst rücken. So vehement die Landesregierung die Millionen-Investitionen in der Eifel verteidigt, so groß sind die Zweifel an deren Rentabilität. Wenn statt der ursprünglich vorgesehenen 135 Millionen Euro nun 270 Millionen Euro mit staatlicher Unterstützung ausgegeben werden, dann verdoppelt sich auch der von der Nürburgring GmbH zu erwirtschaftende Kapitaldienst (Kreditzinsen etc.). Entweder müssen also auch doppelt so viele wie die kalkulierten 500 000 Besucher pro Jahr kommen, oder diese geben doppelt so viel Geld aus. Beides ist unrealistisch.

f.giarra@volksfreund.de

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