Die Betroffenen werden missachtet - Landesregierung pfeift bei der Kommunalreform auf Bürgermeinung

Mainz · Augen zu und durch: Dieses Motto der Landesregierung bei der Kommunal- und Verwaltungsreform wird immer deutlicher. Einen klaren Beweis dafür liefert die gestrige Landtagssitzung. Weitere Zwangsfusionen von Verbandsgemeinden sind erst nach der großen Haushaltsdebatte diskutiert und beschlossen worden – als es vermeintlich keinen oder kaum einen mehr interessiert hat. Rot-Grün hat die Tagesordnung mit eiskaltem Kalkül so gestaltet.

Den Betroffenen wird das nicht gerecht. Einmal mehr haben wütende Menschen gestern in Mainz protestiert und sind mit ihren Sorgen und Wünschen missachtet worden. Zuvor haben schon die eindeutigen Bürgerentscheide gegen Zwangsfusionen keinerlei Gehör gefunden. Und das, obwohl sich SPD und Grüne Bürgerbeteiligung auf die Fahne geschrieben und zum Beispiel beim Projekt Nationalpark stolz propagiert haben.
Den Grünen dämmert offenbar, dass sie sich bei der Kommunalreform zu sehr dem Koalitionspartner ausgeliefert haben. Fraktionschef Daniel Köbler räumt kleinlaut ein, die Bürgerbeteiligung sei nicht immer konkret umgesetzt worden. Das müsse bei der zweiten Stufe anders werden.

Die Landesregierung zieht die erste Stufe rücksichtslos durch. Etwas anderes bleibt ihr kaum übrig, will sie nicht ihr Gesicht verlieren. Betrachtet man das voraussichtliche Ergebnis, ist festzustellen: Nur wenige kleinere Verbandsgemeinden werden von der Landkarte verschwunden sein. Die Kriterien der Auswahl sind in vielen Fällen nicht nachvollziehbar und damit fragwürdig. An einigen Stellen hat man Ausnahmen gemacht, an anderen nicht. Von der versprochenen Kostenersparnis ist bislang wenig zu sehen. Wenn es zu den bereits angekündigten Klagen kommt, kann das folglich keinen überraschen.

Die CDU hat mit ihrer Forderung recht, dass nach der Kommunalwahl im nächsten Jahr ein neuer Anlauf gemacht werden muss - und zwar diesmal richtig. Das bedeutet, dass die Aufgaben aller Verwaltungsebenen akribisch beleuchtet werden müssen unter der Maßgabe, wie effektiver und kostengünstiger gearbeitet werden kann.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Reform ist allerdings, dass die Opposition wirklich mitmacht. Bislang hat sie sich weitgehend darauf versteift, den politischen Gegner auflaufen zu lassen und daraus Vorteile zu ziehen. Geholfen hat es ihr nicht.

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