Die Blase und der Ball

Was ist eigentlich ein Leben wert? So ein Durchschnitts-Dasein. In Euro, bitte. Schon die bloße Fragestellung kratzt und klebt wie ein Ölfilm im Badewasser. So deplatziert! So unangemessen! So falsch!

Als könnte man ein Leben und alles, was an ihm hängt, - all seine Bedeutung - mal schnell in Dollar, Pfund oder Pesos umrechnen.

Bei Beinen geht das. So ist das Luxus-Fahrgestell von Fußballer Cristiano Ronaldo exakt 100 Millionen Euro wert. Mit dieser Summe hat zumindest Real Madrid die Beine des portugiesischen Neuzugangs versichern lassen. Es sind seine wichtigsten Arbeitsmittel. Schließlich hat Real im Sommer rund 94 Millionen Euro für Ronaldo bezahlt. Ein Betrag, für den selbst mancher gewiefte Investmentbanker - pardon! - gleich zwei oder drei Wirtschaftskrisen lang malochen muss. Da wäre es bitter, wenn im Testspiel ein dahergelaufener Bolzplatz-Boheme zur Grätsche ansetzt und dabei versehentlich Cristianos Kreuzband knallen ließe.

Bedeutung, Beine, Banker - was das bitte alles mit dem Start der Bundesliga zu tun hat? Einiges. Die Wirtschaftskrise hat längst die Liga erfasst. Trotz voller Stadien, trotz ungebrochener Begeisterung bei den Fans. Eine Befragung der 36 Erst- und Zweitligisten hat ergeben, dass zumindest ein Drittel der Vereine mit einem Minus aus der vergangenen Saison gegangen ist. Vor allem kleinere Clubs schaffen es kaum noch, sportlich konkurrenzfähig zu bleiben, ohne von Jahr zu Jahr die Schulden wilder wuchern zu lassen. Die Sponsoren-Einnahmen gehen zurück. Und die Spielergehälter sinken längst nicht so, wie sich das mancher Manager vielleicht in Anbetracht der Krise wünschen würde. Gleichzeitig aber zahlen Clubs wie Real Madrid oder Manchester City derzeit Ablösesummen in Dimensionen, die - zumindest gefühlt - mancher Südsee-Staat gerne als Bruttoinlandsprodukt verkünden würde. Absurd? Absolut! Auch im Spitzen-Fußball gibt es auf europäischer Ebene längst viele Vereine, die - ohne Konsequenzen - Schulden ohne Ende machen können. Andere leben nur von und für die Eitelkeit eines einzelnen Mäzens. Wer diese Möglichkeiten nicht hat und zudem seriös wirtschaftet, wird in Zukunft immer weniger mithalten können. Ein kleines Happy-End gibt es bei all der Krisen-Diskussion immerhin. Der Vorteil des echten Fußball-Fans ist, dass die Leidenschaft für einen Verein nichts mit Geld zu tun hat: Bettelarm - aber glücklich - in der Unterklassigkeit? Das geht zur Not im "wahren" Leben. Im Fußball erst recht.

a.feichtner@volksfreund.de

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