Die konkrete Bedrohung

Atomausstieg, Landtagswahlen, grüner Höhenrausch, liberaler Niedergang. Diese Schlagworte bestimmen seit Monaten das politische Geschehen in Deutschland.

Der internationale Terrorismus schien schon fast vergessen zu sein.
Durch die spektakuläre Festnahme von drei mutmaßlichen Al-Kaida-Mitgliedern in Nordrhein-Westfalen ist das Thema auf alarmierende Weise ins öffentliche Bewusstsein zurückgekehrt. Das Trio wollte eine Bombe zünden und damit ein Blutbad anrichten.
Neu ist dieses Szenario in Deutschland keineswegs. Bereits vor vier Jahren war die sogenannte Sauerland-Gruppe aufgeflogen. Ihre selbst hergestellten Sprengsätze hätten schon damals Hunderte Menschen in den Tod reißen können. Der neue Fall zeigt, dass sich Deutschland nach wie vor im Fadenkreuz der selbst ernannten Gotteskrieger befindet.
Er zeugt aber auch von der Wachsamkeit und dem verantwortungsbewussten Handeln deutscher Sicherheitsbehörden. Eine längere Observierung hätte womöglich noch zu weiteren Hinweisen und Hintermännern geführt. Doch das Risiko war dem Bundeskriminalamt offenbar zu hoch. Also griff man zu und verhinderte so das Schlimmste.
Wer in einem Ballungsraum wohnt, jeden Tag die U-Bahn oder den Bus zur Arbeit benutzt, wird diese Nachricht sicher mit besonderer Dankbarkeit quittieren. Die politische Diskussion der nächsten Wochen dürfte trotzdem um die Frage kreisen, wie sicher die Sicherheitsvorkehrungen sind, um solche Anschläge zu verhindern.
In der schwarz-gelben Koalition wird darüber schon länger gestritten. Im Zweifel für die Freiheit, sagen sie in der bürgerrechtsliberalen FDP. Im Zweifel für die Sicherheit, kontern die Innenexperten der Union. Beides wird immer ein Spannungsfeld bleiben.
Umso wichtiger ist es, dass der Bundesinnenminister jetzt einen gangbaren Weg aufgezeigt hat: Die in Deutschland befristet geltenden Anti-Terror-Gesetze sollen nicht verschärft, aber verlängert werden, sagt Hans-Peter Friedrich.
Tatsächlich brauchen wir keine neuen Paragrafen. Was sich bewährt hat, muss allerdings auch weiter gelten. Es war richtig, dem Bundeskriminalamt mehr Kompetenzen zu geben. Und es war auch richtig, die heimliche Online-Durchsuchung unter strengen Auflagen einzuführen. Nach allem, was bislang bekannt ist, wären die Beamten ansonsten gar nicht oder nur sehr lückenhaft über die Anschlagspläne im Bilde gewesen. Das muss die FDP bei ihrer Positionierung berücksichtigen. Die Verhaftung der drei mutmaßlichen Terroristen ist eine Warnung, wie schnell eine abstrakte Bedrohung konkret werden kann. Deutschland wird damit auch in Zukunft leben müssen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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