Die Lust an der Macht verloren

Klaus Jensen tritt nicht mehr an: Das Alter ist nicht der einzige Grund

Politiker und Promis kleben an der Macht. Sie trennen sich von Ämtern und Funktionen erst, wenn es gar nicht mehr anders geht. Wenn es einen Skandal gibt, oder wenn die Wähler von ihnen endgültig die Nase voll haben. Dieses über Jahrzehnte gültige Bild hat in den vergangenen Jahren Risse bekommen. Da kamen Männer wie der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust, der hessische Ministerpräsident Roland Koch, Bundespräsident Horst Köhler und sogar ein eigentlich auf Lebenszeit auserkorener Papst wie Benedikt XVI. und traten aus freien Stücken zurück. Politik und Macht, die Führungsposition - das alles war zwar wichtiger Teil ihres Lebens, aber es war nicht alles, so lautete bei ihnen die Botschaft.

Nun tritt der Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen zwar nicht zurück, er verabschiedet sich aber mit dem Verzicht auf eine erneute Kandidatur in ähnlicher Weise von der Macht. Dass er das Alter als Grund nennt, lässt sich zwar argumentieren. Aber in einer Zeit, in der die Rente mit 67 zur Normalität erklärt wird, darf man annehmen, dass dies nicht der einzige Grund für seinen Abschied ist.

Schon generell ist das Amt des Oberbürgermeisters in einer hoch verschuldeten Stadt wie Trier alles andere als vergnügungssteuerpflichtig. So schön es sein mag, sich die Amtskette umzuhängen und Trier in aller Welt zu repräsentieren: Der Spielraum kommunalen Handelns ist - selbst bei besten Drähten zur Landesregierung - ziemlich gering. Wenn ein Oberbürgermeister wie Klaus Jensen zudem nicht einmal eine stabile Mehrheit im Stadtrat hinter sich hat und Dezernenten im Stadtvorstand, die Jahre brauchen, um sich halbwegs als Team zusammenzuraufen, dürfte das den Spaß am Amt nicht eben steigern. Zudem sieht sich Jensen andauernd dem nicht ganz fairen Vergleich mit seinem omnipräsenten Amtsvorgänger Helmut Schröer ausgesetzt und dem Vorwurf, in Trier passiere ja nichts mehr. Dabei hatte Schröer seine Großprojekte auch nicht in den ersten paar Jahren seiner Amtszeit umgesetzt, sondern in 18 Jahren auf dem OB-Stuhl. Auch wenn er es nie zugeben wird: Vermutlich hat Klaus Jensen einfach ein Stück weit die Lust an diesem Amt verloren. Vielleicht hat auch er - wie die von Beusts und Kochs - erkannt, dass Politik zwar Teil seines Lebens ist (und dank Malu Dreyer bleiben wird) - aber eben nicht alles. Unter dieser Entscheidung leiden wird vor allem die Trierer SPD. Wenn es ihr nicht gelingt, einen wirklich hochkarätigen Kandidaten ins Rennen zu schicken, dann könnte die Amtszeit Jensen eine sozialdemokratische Episode in der Stadtgeschichte bleiben.

m.schmitz@volksfreund.de

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