Die nächste Quittung

Was der Telekom widerfährt, ist ein Paradebeispiel dafür, wie Großkonzerne mitunter in einem Anflug von Überheblichkeit Verbraucher für Spielbälle halten. Und zum Glück dann doch kläglich scheitern.


Erst kam im Sommer der Datendrosselplan auf, von dem man in den Vorstandsetagen des Unternehmens offenbar glaubte, dass er nur ein paar Nerds der Internetgemeinde auf den Plan rufen würde. Doch weil das Netz längst Allgemeingut ist, weitete sich der Sturm der Empörung via Facebook & Co. zum öffentlichen Orkan aus.
Ordentlich angetrieben wurde der Aufstand von kritischen Politikern. Schon erstaunlich, wie ausgerechnet einem Kommunikationsunternehmen ein solches Desaster widerfahren konnte. Es ist allerdings nicht das erste Mal. Die Bonner haben da offenbar ein größeres Problem.
Jetzt hat die Telekom per Gerichtsentscheid die nächste Quittung erhalten: Wo der Konzern Flatrate draufschreibt, muss auch Flatrate drin sein. So einfach ist das. Das ist ein Sieg für den Verbraucher. Und eine Niederlage für die Telekom. Aber nicht nur das: Gut wäre es, wenn das Urteil über den Konzern hinaus wirken würde. Denn es zeigt Unternehmen, worauf der Kunde auch in einer globalisierten Welt nach wie vor einen großen Anspruch hat: auf Ehrlichkeit. Zu häufig hat dieser Wert für Konzerne keine Bedeutung mehr. Bestes Beispiel sind all die Tarifangebote bei Telefon, Strom oder Gas, die die Kunden bewusst verwirren sollen, vor allem bei den dann tatsächlich entstehenden Kosten. Kunden, so die wichtige Botschaft der Richter, haben aber ein Anrecht auf Klarheit und Wahrheit.
Mit der Entscheidung sind Tarife mit gedrosselter Netzgeschwindigkeit natürlich nicht vom Tisch. Wie auch? Es dürfte wohl kaum in die Zuständigkeit eines Gerichtes fallen, über Angebote eines am Markt agierender Konzerns zu entscheiden. Wenn sie rechtskonform gestaltet sind. Außerdem sind solche Drosselungen beim Handy schon gang und gäbe.
Bei aller berechtigten Kritik an der Telekom darf zudem nicht vergessen werden, dass die Angelegenheit auch eine politische Dimension hat. Die Datenmenge im Internet steigt und steigt: Die Nutzer spielen online, schauen Filme oder stellen gigantische Mengen an eigenen Fotos und Videos ins Internet. Die Netze müssen deshalb stetig erweitert und ausgebaut werden, um diese Massen transportieren und verarbeiten zu können. Das kostet viel Geld.
In den letzten Jahrzehnten hat es die Politik jedoch versäumt, die Grundlagen für eine leistungsstarke Infrastruktur in Deutschland zu legen; die anhaltende Debatte über die Beschleunigung des Breitbandausbaus - insbesondere auf dem Land - belegt das.
Für Netzneutralität zu sorgen, also, dass jedes Datenpaket mit gleicher Wichtigkeit durch das Internet geleitet wird, dafür ist aber nicht nur die Telekom zuständig. Sondern auch die Politik.
nachrichten.red@volksfreund.de

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