Die Woche im Blick Die Schule und das Vertrauen

Seit März hatten viele Jungen und Mädchen keinen Unterricht mehr an ihren Schulen – nun sind die ersten zurückgekehrt, bei weiteren steht dies bevor. Aber was ist nun das Wichtigste an den Schulen?

Die Schule und das Vertrauen
Foto: TV/Friedemann Vetter

Eines vorab: Es ist nicht an der Zahl der Arbeiten und nicht an Noten zu messen.

Verlässlichkeit ist das eine. Eltern  mussten oft im Home Office und als Aushilfslehrer tätig sein. Bei aller Begeisterung über digitale Angebote: Es ist ein Hilfsunterricht, der viele überfordert – Schüler, Lehrer und Eltern. Und es ist nicht schlimm, dies zuzugeben. Und nun? Gibt es versetzten Unterricht. Ein Kind geht in die Schule, das andere nicht – Familien müssen weiter improvisieren. Was alle dringend benötigen, sind feste Zusagen. Wenn es sie für dieses Schuljahr nicht geben kann, sollten für den Neustart im August alle Optionen durchgespielt werden.

Noch wichtiger ist das Vertrauen: Etwa darauf, dass schnell reagiert wird, wenn es Coronavirus-Fälle an den Schulen gibt. Es gibt Studien, die aussagen, dass sich jüngere Kinder seltener infizieren. Aber erstens ist das keineswegs abgesichert und zweitens heißt dies nicht, dass sie sich nie anstecken können. Es wird daher Fälle geben, bei Schülern, aber auch bei Lehrern. In Trier etwa hat an einer Realschule eine Lehrerin gearbeitet, bei der eine Infektion festgestellt worden ist. Erste Reaktion am Donnerstag: Alle Vorschriften seien eingehalten worden, deswegen müsste niemand getestet werden. Formal ist das korrekt, aber schafft es Vertrauen? Ganz sicher nicht.

Ja, es wird voraussichtlich immer wieder Fälle geben und wir müssen damit pragmatisch umgehen, so schwer es fällt. Gerade diese ersten Wochen sind aber besondere. Warum etwa nicht zumindest alle Lehrkräfte testen und die Kurse, an denen die Lehrerin unterrichtet hat? Warum kann nicht freiwillig eine Testung angeboten werden, am besten vor Ort? Sprechen dagegen Abrechnungen oder Zuständigkeiten? Dann ist es schlichtweg notwendig, sich darüber hinwegzusetzen. Übrigens: Würde zumindest der engste Kreis getestet – selbst wenn die Vorschriften alle eingehalten worden sind –, wäre es wohl möglich, einerseits Schulschließungen zu vermeiden, andererseits dennoch Gefahren zu minimieren. Und es wäre möglich, Vertrauen zu schaffen oder zu erhalten.

Denn bei allem Pragmatismus: Wir befinden uns in einer Phase, in der noch niemand genau weiß, wann wie und wo mehr Vorsicht angesagt ist. Dass im Kreis Bernkastel-Wittlich eine Schule und eine Kita kurzzeitig geschlossen worden sind, kann die richtige Entscheidung gewesen sein. Beurteilen kann dies noch keiner – niemand weiß, wie die Situation sich sonst entwickelt hätte. Eines ist dort aber klar geworden: Auch Kinder können sich mit dem Virus infizieren, wie oft sie es dann übertragen, ist ungeklärt.

Wir alle müssen lernen, mit einem Restrisiko zu leben. Aber wir sollten uns behutsam an dieses herantasten. Wenn das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler sowie das der Eltern und Lehrer nun verloren geht, werden sich alle ihre eigenen Auswege suchen. In Trier ist dies übrigens am Freitag schon geschehen: Mehr als die Hälfte der Jungen und Mädchen sind nicht zum Unterricht erschienen.

t.roth@volksfreund.de

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