Die SPD als große Nummer

Berlin · Der an diesem Sonntag beginnende Bundesparteitag der SPD in Berlin soll in jeder Hinsicht eine große Nummer werden. Immerhin haben sich rund 7500 Delegierte und Sympathisanten dafür angemeldet. Ein Rekord-Andrang.

Berlin. Das Antragsbuch ist ein stattlicher Wälzer. Auf fast 800 Seiten werden acht Leitanträge samt Änderungswünschen der Basis abgehandelt. Das Ziel der ganzen Übung besteht darin, Schwarz-Gelb das Fürchten zu lehren. "Wir haben unsere Grundsanierung abgeschlossen und wollen 2013 die Regierung stellen", betont SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.
Tatsächlich haben die Genossen das Trauma der letzten Bundestagswahl leidlich überstanden. 2009 konnte sich nicht einmal mehr jeder vierte Bundesbürger für die SPD erwärmen. In aktuellen Umfragen kratzt die Partei immerhin wieder an der 30-Prozent-Marke. Auch die Kanzlerkandidatur ist zu einem ernsthaften Thema geworden. Zu verdanken hat das die SPD in erster Linie ihrem Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Er hat den innerparteilichen Flügelstreit weitgehend unterbunden. Das muss allerdings nicht so bleiben. Gerade weil es den Sozialdemokraten wieder besser geht, glauben offenbar die SPD-Linken, ihre Partei durch verteilungspolitische Maximalforderungen profilieren zu müssen. Auf dem dreitägigen Kongress in Berlin könnte es darüber zum Showdown kommen.
Die großen Konfliktfelder heißen Steuer- und Rentenpolitik. Ähnlich wie bereits bei den Grünen geschehen sind auch die SPD-Spitzen willens, Reiche wieder stärker zur Kasse zu bitten. Im finanzpolitischen Leitantrag ist eine Anhebung des Spitzensteuersatzes um sieben auf 49 Prozent für Einkommen ab 100 000 Euro aufwärts vorgesehen. Außerdem soll die pauschale Abgeltungssteuer für Kapitalerträge auf 32 Prozent steigen.
Den SPD-Linken ist das zu wenig. Sie setzen auf einen Spitzensteuersatz von 52 Prozent und auf eine Belastung der Kapitalerträge gemäß dem persönlichen Einkommensteuersatz. Obendrein will der Arbeitnehmer-Flügel die gesetzlich vorgegebene Absenkung der Renten von derzeit 50 auf 43 Prozent des Lohnniveaus bis zum Jahr 2030 kippen. Sollten sich die Vorstellungen der Linken durchsetzen, wären gleich zwei potenzielle Kanzlerkandidaten beschädigt: Auf Ex-Finanzminister Peer Steinbrück geht die Pauschalbesteuerung der Kapitalerträge zurück. Und Partei-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gilt als vehementer Verfechter des geltenden Rentengesetzes. Sigmar Gabriel, der dritte Kandidaten-Anwärter, musste bereits Federn lassen: Seine vormals groß angelegte Parteireform wurde in den vergangenen Monaten durch den Unmut der Basis eingedampft.
Zwar entscheidet sich das Kandidaten-Rennen frühestens im nächsten Jahr. Doch auf dem Berliner Parteitag läuft man sich dafür schon mal warm. Für jeden der drei Beratungstage sieht die Regie den Auftritt eines Anwärters vor: Am Sonntag spricht Steinmeier über Europa, am Montag Gabriel über das Große und Ganze, und am Dienstag geht Steinmeier zur Finanzpolitik in die Bütt.
Extra

Der SPD-Bundesparteitag diskutiert einen Leitantrag zur Bildung. Zentrale Forderungen: Bund und Länder sollen jährlich jeweils zur Hälfte 20 Milliarden Euro mehr für Bildung ausgeben als heute. Der Bund soll die Länder stärker finanziell unterstützen. Ziele: Vergleichbare bundesweite Schulabschlüsse, flächendeckendes Ganztagsangebots in Schulen und Kindergärten, Ausbildungsgarantie. dpa

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