Die Tragödie als Farce

Hessen - ein Schlachtfeld. Andrea Ypsilanti, die strahlende Wahlsiegerin des 27. Januar, hat sich total desavouiert als machtgeile Politikerin, der das gegebene Wort nichts gilt. Sie ist politisch tot. Viele andere hat sie mitgerissen.

Kurt Beck, der frühere Parteivorsitzende, liegt auf diesem Schlachtfeld, weil er sie nicht stoppte. Und natürlich Ypsilantis Stellvertreter Jürgen Walter sowie die anderen Verweigerer, die so lange zauderten. Sie werden nun von ihrer Partei als charakterlose Verräter geschmäht und womöglich verstoßen werden.

Der ursprüngliche Schurke in dem Drama, Roland Koch, der mit ausländerfeindlichen Ressentiments die Wahlen gewinnen wollte, aber triumphiert, obwohl er grandios abgewählt worden war. Dieser Ausgang ist tragisch.

Aber Andrea Ypsilanti hat das Stück selbst so gestaltet. Wenn sie Kochs Minderheitsregierung mit Geduld vor sich hergetrieben hätte, könnte sie heute aufrecht in Neuwahlen gehen. Sie aber hat aus dem Machtkampf eine Farce gemacht.

Nicht Wagemut hat sie getrieben, sondern Besessenheit. Deshalb schlug sie alle Warnungen in den Wind. Ihre - vornehmlich linke - Parteibasis hat alle Schritte mitgetragen. Die hessische SPD glaubte, sie könne aus einer in der Substanz nicht vorhandenen linken politischen Mehrheit eine rechnerische Mehrheit machen, die ebenfalls nicht vorhanden ist, wie sich schon im ersten Anlauf im April zeigte. Im Grunde dachte sie, dass alle Mittel erlaubt seien, um Koch zu beseitigen. Auch das Regieren gegen die Mehrheit der Bürger. Linker Eifer hatte politische Klugheit abgelöst. Gut, dass er nicht regiert. Der Weg in die Selbstzerstörung war schon beschritten, als Ypsilanti im Februar damit begann, ihren Wortbruch-Versuch vor sich und ihren Wählern zu rechtfertigen.

Wie weiter in Hessen? Neuwahlen sind der vernünftigste Weg. Die SPD wird in ihnen untergehen. Wenn das bald geschieht, wird wenigstens der Bundestags-Wahlkampf der Partei nicht allzu sehr beschädigt. Roland Koch wird wieder auferstehen, wie aus einem Stahlbad. Er sollte sich darauf nichts einbilden. Er ist hauptsächlich dafür verantwortlich, dass in Hessen ein derartig erbittertes Klima herrscht. Koch ist der brutalstmögliche Gewinner und, so lange er an der Spitze der Union bleibt, der Garant dafür, dass sich die politische Kultur in diesem Bundesland auf lange Sicht nicht zivilisieren wird. Hessen hat auf beiden Seiten besseres verdient.

nachrichten.red@volksfreund.de

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