Die Verweigerer

Das, was Bundespräsident Horst Köhler als Konsequenz aus der Krise zieht, ist genau das Gegenteil von dem, was die FDP am Wochenende in Hannover beschlossen hat. Köhler sagt: Verantwortung, besonders der wirtschaftlich Starken. Wohl des Ganzen. Mitgefühl und Zuwendung.

 Werner Kolhoff.

Werner Kolhoff.

Foto: Iris Maurer

FDP-Chef Guido Westerwelle hingegen startet gerade einen monothematischen Wahlkampf um Steuersenkungen für die Mittelschicht und den Mittelstand. Gleichzeitig beschimpft er die, die "morgens nicht aufstehen". Es werden in diesem Jahr noch mehr als bisher morgens nicht aufstehen. Weil sie keinen Job mehr haben. Horst Köhler sagt: "Das ist der Haken der Freiheit: Sie kann in denjenigen, die durch sie satt und stark geworden sind, den Kern der Selbstüberhebung bergen".

Es gibt viele Probleme. Die Belastung der Mittelschicht mit Steuern und Abgaben gehört sicher dazu. Aber eben nicht allein. Die Langzeitarbeitslosigkeit wiegt ebenso schwer. Oder die drohende Altersarmut vieler. Die zu geringen Bildungsausgaben. Das Lohndumping. Man kann die Liste beliebig fortsetzen. Die verzweifelten Milchbauern. Opel. Überall wird Geld gebraucht, das knapp ist. Und das die Liberalen einzig und allein für Steuersenkungen für eine bestimmte Gruppe einsetzen wollen. Deutschland braucht wie alle Industriegesellschaften einen neuen Gesellschaftsvertrag, ein neues Ausgleichen von Lasten und Chancen. Was es nicht braucht, sind Parteien, die für ihre Wählerklientel ihren Anteil vorab sichern wollen, mit dem Ellenbogen. Was es nicht braucht, sind Ideologien aus der Zeit vor dem Kollaps der Finanzmärkte.

Zwei Parteien weigern sich bisher komplett, irgendwelche Lehren aus der Krise zu ziehen. Sie spitzen ihre alten Programme sogar noch zu, um Krisengewinnler zu werden. Die Linken und die FDP. Die Linken haben gerade riesige Ausgabenprogramme für die Unterschichten beschlossen, zu Lasten der Reichen und der Staatsverschuldung. Sie verweigern sich der Erkenntnis, dass unser Land schon lange über seine Verhältnisse lebt. Und nun kommt die FDP und macht knallhart die Ansprüche der Mittelschicht geltend. Zu Lasten der da unten und ebenfalls der Staatsschulden. Die Liberalen verweigern sich der Erkenntnis, dass auch die sozialen Ungleichgewichte und Marktradikalismus zu dieser Krise geführt haben. Horst Köhler sagt: "Freiheit ist kein Vetorecht, die besten Plätze für sich zu reservieren." Warum wählen ihn die Liberalen eigentlich am Samstag noch mit?

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