Kommentar zu: Weihnachten Die Welt ist auch das, was wir daraus machen

Trier · Ja, es ist nur zu wahr, es gab schon Jahre, an deren Ende man mit mehr Zuversicht und guten Gedanken in die Zukunft blicken konnte.

 Damian Schwickerath

Damian Schwickerath

Foto: TV/Klaus Kimmling

Das fängt bei unserem wichtigsten Verbündeten an. Seit Donald Trump im Weißen Haus sitzt und sein Amerika first in die Welt keift, haben sich Grundfesten, Werte und Überzeugungen, die viele von uns für gesetzt hielten, vollkommen verschoben. Für diesen Milliardär besteht die Welt nicht aus vielfältigsten Völkern mit unterschiedlichen Eigenschaften, Interessen und Problemen. Bei ihm ist Politik nicht die Suche nach Gemeinsamkeit, nach Kompromiss, nach Lösung und Ausgleich. Für Trump besteht die Welt aus ganz vielen Firmen, großen und kleinen, wichtigen und unbedeutenden. Und mit denen macht man keine fairen Verträge, sondern Deals zum eigenen Nutzen.

Wenn diese Geschäfte aus seiner Sicht Amerika nicht genug bringen, dann steigt Trump eben aus, wie aus dem Klimavertrag von Paris oder den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen.

Da kann man nur hoffen, dass in den verbleibenden drei Amtsjahren dieses Egomanen nichts wirklich Schlimmes passiert – und dass  die Amerikaner nicht so verrückt sind, ihn noch einmal zu wählen.

Zumal die Dinge ja nicht einfacher werden. Da sitzt so ein kleiner ausgeflippter Diktator namens Kim Jong Un in Nordkorea, hat quasi sein ganzes Volk im Interesse seiner Familiendynastie versklavt und bastelt an Atomraketen, die er wahlweise auf Amerika oder einen anderen Teil der Welt abschießen will.

Da gibt es Machthaber wie Putin und Erdogan, die konsequent die Demokratie in ihren Ländern abschaffen und rücksichtslos eigene Machtinteressen durchsetzen. Da ist der afrikanische Kontinent, der in weiten Teilen von Bürgerkriegen, Stammesfehden und Hungersnöten gebeutelt ist.

Und nicht zu vergessen das Pulverfass Naher Osten, das jederzeit in die Luft gehen kann – mit für die gesamte Welt unabsehbaren Folgen.

Und wir Europäer? Wir können’s scheinbar auch nicht besser. Die Briten gehen ganz laufen, die Osteuropäer setzen sich erkennbar ab und spielen konsequent die Nationalstaaten-Karte. Und unsere Nachbarn, die Österreicher, bilden eine Mitte-Rechts-Regierung und überlassen den FPÖ-Populisten Schlüsselpositionen wie Außen-, Innen- und Verteidigungsministerium.

Und wir selbst? Nach der Bundestagswahl im September kam erst die Union nicht in die Pötte, dann machten sich die ständig vom Balkon winkenden Jamaikaner ohne Ergebnis vom Acker, weil der FDP eingefallen war, dass sie doch nicht in die Regierung wollte und will.

Und jetzt warten alle darauf, dass die Bauchschmerzen bei den Sozialdemokraten wegen einer möglichen großen Koalition sich auf ein vertretbares Maß reduzieren und wir irgendwann wieder eine ordentliche Regierung für das größte und wirtschaftlich stärkste Land in Europa bekommen.

Gefühlt läuft das alles unglaublich zäh, dauert viel zu lange und nervt zunehmend. Vorsondierungen, ergebnisoffene Sondierungen, Parteitage, Koalitionsverhandlungen, Mitgliederbefragung über Groko, Koko, Minderheitsregierung mit Duldung oder über was? Und wenn die SPD-Mitglieder bis zum März ihre Bauchschmerzen nicht losgeworden sind und nichts von alledem wollen? Neuwahlen!

Immerhin hat ja Angela Merkel schon klargemacht, dass es für sie nur zwei Möglichkeiten gibt: große Koalition – oder wir dürfen wieder wählen gehen.

Und dann? Die gleiche Prozedur von vorne? So spielt man nur den extremen Parteien in die Hände, die sich hinstellen und sagen werden: Wählt uns, die da können’s nicht!

Also alles ein einziges düsteres Jammertal allüberall? Nicht unbedingt. Es kommt entscheidend darauf an, was die Politik und was auch wir aus den Fakten machen. Und da gibt es fast unbegrenzte Möglichkeiten.

Eine der wichtigsten: das, was Emmanuel Macron in Frankreich angestoßen hat: Konsequent, mutig und mit Herz an dem erfolgreichsten Friedensprojekt der Menschenheitsgeschichte weiterarbeiten, der Europäischen Union. Hier kommt Deutschland eine Schlüsselrolle zu. Je stärker sich Amerika abschottet, desto enger sollte Europa zusammenrücken und gemeinsam die Probleme lösen.

Innenpolitisch muss die Politik sich auf einen Koalitionsvertrag einigen, der dafür sorgt, dass es in diesem Land gerechter zugeht. Keine Frage, in Deutschland geht es jenseits aller Jammerei sehr vielen Menschen richtig gut. Umso mehr muss es in einer demokratischen, sozial denkenden und handelnden Gesellschaft allen möglich sein, von ihrer Hände Arbeit anständig zu leben. Egal, ob sie Fenster putzen, Pakete ausfahren, Mauern hochziehen oder kellnern gehen.

Die Politik muss Wege finden, um den Alten Renten zu zahlen, die sich am Bedarf der Menschen und nicht an der Höhe der Einzahlungen orientieren.

Das wären echte Fortschritte in der Entwicklung unserer Gesellschaft und wichtige Zeichen für jene, die glauben, zu kurz zu kommen und nicht mitgenommen zu werden.

Und wir alle müssen endlich wieder lernen, vernünftig miteinander umzugehen, Hass und Herabsetzung aus der Alltagssprache und vor allem den sozialen Medien zu verbannen. Wir müssen wieder lernen, unserem Gegenüber – wer immer derjenige auch ist, und woher er auch kommt – mit Respekt zu begegnen. Sonst wird das alles nichts werden.

Ohne grundlegende Veränderungen in manchen Bereichen wird es nicht gehen in diesen schwierigen Zeiten. Aber wenn wir uns auf die Stärken unserer freien Gesellschaft besinnen und mutig nach vorne denken, statt ängstlich im eigenen Erdloch steckenzubleiben und das Elend der Welt zu beklagen, dann lässt sich vieles im positiven Sinne nach vorne bewegen.

Lassen Sie uns wieder miteinander streiten um den besten Weg, um Werte, um Modelle für die Zukunft. Wir sollten es heftig und leidenschaftlich tun, aber menschlich fair! Denn die Welt ist auch das, was wir alle gemeinsam daraus machen.

d.schwickerath@volksfreund.de

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