Meinung Bei den Dorfschulen fehlt es an einer klaren Linie

Mainz · Bildungsministerin Stefanie Hubig hat durch die Dorfschulen-Debatte an Profil gewonnen. Und doch braucht sie mehr Mut, um klar zu machen, in welche Richtung das Land steuern will.

 Florian Schlecht TV-Foto: Klaus Kimmling

Florian Schlecht TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: TV/klaus Kimmling

Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet? Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig greift das Wortspiel selbst auf, wenn es um die Prüfung der Dorfschulen geht. Anfangs orakelten Kritiker, es drohe das Aus von 100 kleinen Grundschulen. Dann prüfte das Land 41 Schulen, von denen voraussichtlich zehn die Tore schließen müssen. Gemessen an den ersten Prophezeiungen ist aus einem Orkan am Ende ein vergleichsweise laues Lüftchen geworden. Dafür gibt es Gründe.

Hubig, die Wert darauf legt, bei dem empfindlichen Thema gar nicht erst als Tigerin gestartet zu sein, zeigte tatsächlich nicht scharfe Zähne wie einst das Saarland, das trotz heftiger Proteste der Bevölkerung etliche Grundschulen dicht machte. Die SPD-Ministerin in Rheinland-Pfalz gab Schulträgern die Chance, anhand von Konzepten vorzulegen, warum ihre Schule klein ist, aber trotzdem oho. Auch manche Stimme aus der eigenen Partei, den Lehrergewerkschaften, der Opposition, couragierten Regionalelternsprechern, vielleicht sogar mancher YouTube-Song von Schülern, floss offenkundig in die Bewertung ein. Hubig erntete so den Ruf, eine Zuhörerin ohne Rechthaber-Attitüde zu sein, die auf Kritik uneitel reagieren kann.

Und doch ist der Kompromiss nun einer, bei dem die Ministerin zwar das Gesicht wahrt, aber unklar bleibt, in welche Richtung sie bei Dorfschulen steuert. Unverständlich ist, warum sich das Ministerium weigert, über eine Neufassung des Schulgesetzes klar festzulegen, wann eine Schule künftig schließen muss, wann nicht und ob überhaupt. Die jetzigen Leitlinien sind zu schwammig, was Orte kritisieren dürften, die ihre Schule verlieren, während andere Standorte bleiben.

Die fehlende Linie könnte sich rächen, weil kleine Grundschulen auch künftig fürchten müssen, erneut geprüft zu werden. Das schafft dauerhaft Ängste und wird Betroffenen nicht gerecht. Wo der weitere Weg hinführen soll, muss die Ministerin schnell klarmachen. Nur Mut, Frau Hubig.

f.schlecht@volksfreund.de

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