Eine Zäsur

Die seit Montag laufende Afghanistan-Operation fordert dazu heraus, von Krieg zu sprechen.

Völkerrechtlich und formal mag Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung ja richtig liegen, wenn er den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan partout nicht einen Kriegseinsatz nennen will. Sein Argument, die Sprache der Taliban nicht übernehmen zu wollen, ist aber naiv und überzeugt nicht. Schon gar nicht, wenn die Bundeswehr mit schweren Waffen an einer militärischen Großoffensive gegen die Terroristen teilnimmt, die es offenbar in der Form mit deutscher Beteiligung noch nicht gegeben hat.

Die seit Montag laufende Operation fordert vielmehr dazu heraus, von Krieg zu sprechen. Sie markiert sogar eine klare Zäsur im Afghanistan-Einsatz der Truppe, da nun tatsächlich sichtbar wird, wie dramatisch sich die Lage am Hindukusch verschlechtert hat und wie gefährdet die deutschen Soldaten inzwischen sind. Die dort mühsam aufgebaute Balance zwischen Sicherheit und Wiederaufbau - so sie denn je existiert hat - ist zu einem großen Teil wieder aus den Fugen geraten. Darauf hat die militärische und politische Führung jetzt augenscheinlich mit einem strategischen Wechsel reagiert. Nur zugeben will das keiner.

Deswegen ist das Engagement in Afghanistan nicht falsch. Jung tut gut daran, wenn er die Erfolge der Bundeswehr beim Wiederaufbau des Landes mehr hervorhebt. Wahr ist aber auch: Jung und die Bundesregierung haben keinen Rückzugsplan, zumindest keinen, der in der jetzigen Situation überzeugen würde. Mehr Ehrlichkeit statt vermeintlicher Wählerschonung ist in vielerlei Hinsicht mit Blick auf den Einsatz der Truppe in Afghanistan endlich gefragt. Die Zeit dafür ist reif.

nachrichten.red@volksfreund.de

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