Erwartetes Heulen und Zähneknirschen

Wer fünf Jahre lang möglichst sorgenfrei regieren möchte, der präsentiert dem Wahlvolk das größte Übel am besten gleich zu Beginn. Nach diesem Motto verfahren SPD und Grüne in Rheinland-Pfalz.

Und es hat nicht den Anschein, als würden sie sich vom heftigen Gegenwind ins Taumeln bringen lassen.
Das wäre auch der falsche Weg. Die Schuldenbremse schreibt zwingend vor, dass ab 2020 keine neuen Kredite mehr aufgenommen werden dürfen. Der chronisch defizitäre Haushalt kann nur durch einen strikten Sanierungskurs auf Vordermann gebracht werden. Was wiederum bedeutet, dass sich alle auf harte Zeiten einstellen müssen. Der gesamte Verwaltungsapparat gehört durchforstet - auch die Justiz, die ebenso wie Polizisten, Gewerkschaften und Opposition mit zu erwartendem Heulen und Zähneknirschen reagiert.
Störend wirkt an dieser Stelle nur der brüske Ton von Ministerpräsident Kurt Beck gegenüber den Kritikern. Wenn Justizbedienstete um ihren Arbeitsplatz fürchten, haben sie mehr Achtung verdient.
Rot-Grün präsentiert im Koalitionsvertrag eine klare Vision von einem sozial-ökologischen Wandel. Die Menschen wollen den Ausstieg aus der Atomkraft und den Ausbau der erneuerbaren Energien, in Rheinland-Pfalz bekommen sie ihn. Die ökologische Komponente zieht sich wie ein roter Faden durch das Papier. Neue Radwege sind ebenso geplant wie bessere Bus- und Bahnverbindungen. Energie soll gespart werden, gleichzeitig soll die Energiegewinnung durch Wind- und Sonnenkraft verstärkt werden. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie die Bürger reagieren, wenn mehr Windräder in der Landschaft stehen.
Im Bildungsbereich setzen beide Partner den Weg fort, den die SPD seit Jahren erfolgreich beschreitet. Kostenlose Krippen- und Uni-Plätze sowie ein verstärktes Ganztagsschulangebot dienen nicht nur der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern auch der Chancengleichheit in der Gesellschaft.
Dass eine Koalition immer auch eine schwierige Kompromissfindung bedeutet, bei der die Partner teils gewinnen, teils zurückstecken müssen, verdeutlicht der Vertrag ebenfalls. Bei den großen Infrastrukturprojekten hat sich überwiegend die SPD durchgesetzt. Die Verhandler der Grünen werden nun nicht nur ihrer Basis, sondern auch ihren Wählern gut erklären müssen, warum der Hochmoselübergang zu Ende gebaut wird, am Nürburgring alles so bleibt und der Flughafen Hahn seine Nachtfluggenehmigung behält.
f.giarra@volksfreund.de

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