Es droht der Kollaps

Fast jeder kennt einen, dem es auch schon mal so gegangen ist: Stundenlang in der Notaufnahme gewartet, bis man behandelt wurde. Dass das Warten zumeist nichts mit faulen Ärzten oder lahmen Pflegern zu tun hat, wollen viele Patienten nicht wahrhaben.


Wer sich die Abläufe einer Notaufnahme anschaut, erkennt schnell, dass dort durchaus organisiert und strukturiert gearbeitet wird. Echte Notfälle, bei denen es womöglich um Leben und Tod geht, werden bevorzugt. Erst recht, wenn sie per Notarzt eingeliefert werden, wovon die vor der Aufnahme wartenden Patienten zumeist gar nichts mitbekommen. Viele von ihnen glauben jedoch, dass sie am schlimmsten dran sind und deshalb sofort behandelt werden müssen. Dass es sich bei ihrer Krankheit womöglich gar nicht um einen echten Notfall handelt, schon gar nicht um eine Erkrankung, die von ständig unter Strom stehenden Spezialisten einer hoch technisierten Notaufnahme behandelt werden muss, und sie womöglich besser bei ihrem Hausarzt, beim niedergelassenen Chirurgen, Orthopäden oder aber im Bereitschaftsdienst der Kassenärzte aufgehoben wären, wollen sie nicht wahrhaben. Diese fehlgeleiteten Patienten werden aber trotzdem von den Kliniken behandelt, auch wenn mit rund 32 Euro pro ambulanter Behandlung kein Geld verdient werden kann. Abgewiesen wird keiner, das Risiko, dass sich hinter der vermeintlichen Bagatellerkrankung doch was Ernstes stecken könnte, will kein Arzt eingehen.
Doch auch die niedergelassenen Ärzte tragen dazu bei, dass die Notaufnahmen am Limit sind. Wegen zum Teil monatelanger Wartezeiten für einen Termin etwa bei einem Kardiologen überweisen immer mehr Hausärzte ihre Patienten in die Notaufnahme.
Notaufnahmen dürfen aber keine Lückenbüßer für eine mangelhafte ärztliche Versorgung sein.
Es bringt aber nichts, wenn sich Krankenhäuser und Kassenärzte gegenseitig die Schuld an der Misere geben. Das hilft den Patienten nicht. Das Problem muss gelöst werden. Und zwar von der Politik. Und zwar mit Geld. Erste Ansätze dazu finden sich in der geplanten Krankenhausreform. Künftig sollen die Kliniken mehr Geld für Notfallpatienten erhalten. Notaufnahmen dürfen nicht länger ein finanzielles Risiko vor allem für kleinere Kliniken sein. Und es muss künftig eine Patientensteuerung geben. Bei einem Großteil der Erkrankungen muss der niedergelassene Arzt oder der Bereitschaftsdienst erster Ansprechpartner sein.
Ansonsten wird der Notstand in der Notaufnahme immer größer - und es droht der Kollaps.
b.wientjes@volksfreund.de

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