Europa braucht Schwarm-Intelligenz

Hillary Clintons Verwunderung über die Sicherheitspolitik in Europa ist absolut nachvollziehbar. Wie viele Anschläge braucht der Kontinent denn noch, um zu verstehen, dass man dem Terrorismus mit Kleinstaaterei nicht beikommen kann? Die Attentäter sind mobil, kooperieren international und suchen ihre Ziele überall. Aber die Sicherheitsdienste blicken nur bis zu ihrer eigenen Staatsgrenze.

Es ist absolut nicht hinnehmbar, dass ein erkannter Gefährder wie der Drahtzieher der Pariser Attentate, Abaaoud, so oft durch Europa reisen konnte, ohne aufzufallen. Es ist unerklärlich, dass es immer noch ganze Staaten gibt, die mit dem Rest der Sicherheitsapparate Europas nicht per automatischen Datenaustausch verbunden sind. Und ebenso, dass man EU-Bürger bei der Einreise in den Schengen-Raum nur im Ausnahmefall überprüft, so dass Syrien-Heimkehrer freie Schussbahn haben.

Bei der EU-Innenministerkonferenz ist über all diese Themen in Brüssel gesprochen worden, erneut. Schon nach den Attentaten gegen die Redaktion von Charlie Hebdo Anfang des Jahres sollte sich einiges ändern, doch hat die Umsetzung quälend lange gedauert. Das damals beschlossene gemeinsame Terrorabwehrzentrum beginnt erst Anfang 2016 mit der Arbeit. Jetzt, nach Paris, soll alles beschleunigt werden.

Diese Betulichkeit muss Europa schnellstens ablegen. Absolut überflüssig ist in dieser Situation hingegen der Aufbau eines neuen europäischen Super-Geheimdienstes, der nur wieder Zeit und Geld kostet. Die nationalen Gemeindienste sind viel näher dran an den radikalen Milieus, und sie sprechen ihre jeweilige Landessprache. Nur müssen sie eben miteinander kooperieren. Europa braucht im Kampf gegen den Terror keine neue Behörde, aber viel mehr Schwarm-Intelligenz.
nachrichten@volksfreund.de

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