Fatales Signal

Wer sich einen gewichtigen oder kriminellen Fehltritt leistet, wird dafür bestraft - im schlimmsten Fall mit Gefängnis. Haftstrafen sind aber nicht nur Sanktionen, sie sollen auch abschrecken.

Beides bleibt auf der Strecke, wenn Haftbefehle - aus welchen Gründen auch immer - nicht vollzogen werden.
Sicher: Wer etwa wegen wiederholten Schwarzfahrens oder kleiner Betrügereien zu einer Geldstrafe verurteilt wird, die er nicht bezahlen kann oder will, und dafür jetzt einrücken soll, wird für ein Bagatelldelikt vergleichsweise hart bestraft. Andererseits sind die drohenden Strafen den meisten bekannt. Und es gibt in Rheinland-Pfalz noch die Möglichkeit, mit dem Modell "Schwitzen statt Sitzen", also gemeinnütziger Arbeit, sowohl um die Geldstrafe wie auch um den Knast herumzukommen. Zuletzt machte stets mehr als die Hälfte der zu einer Geldstrafe verurteilten rheinland-pfälzischen Straftäter von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Warum eigentlich?, werden auch diese Straftäter sich jetzt angesichts der Zahl von bundesweit mehr als Hunderttausend nicht vollstreckten Haftbefehlen fragen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein wegen kleinerer Delikte zur Fahndung ausgeschriebener Straftäter auch tatsächlich geschnappt und ins Kittchen gesteckt wird, ist offenbar denkbar gering.
Verständlich, wenn ein Betroffener es da drauf ankommen lässt. Wird er geschnappt, kann er die Geldstrafe notfalls immer noch zahlen, bevor er ins Gefängnis wandert. Das ist das fatale Signal, das von der hohen Zahl nicht vollstreckter Haftbefehle ausgeht. Über die wird der von Juristen so gerne zitierte rechtstreue Teil der Bevölkerung ohnehin nur den Kopf schütteln.
r.seydewitz@volksfreund.de

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