Flucht aus dem Großherzogtum

Was ist nur aus unserem einstigen Musternachbarländle Luxemburg geworden? Da gibt es politisch reichlich Zoff wegen der Aufarbeitung einer Jahrzehnte zurückliegenden Bombenleger-Affäre. Und auch ökonomisch läuft längst nicht mehr alles so vorbildlich wie vor ein paar Jahren noch. Eher im Gegenteil: Aus dem ehemaligen europäischen Finanz-Eldorado ist ein Sanierungsfall geworden.

Die Krise der Banken ist dafür nur ein Beispiel. Seit die Regierung Juncker angekündigt hat, demnächst Kontodaten von Ausländern offenzulegen, und schon heute reihenweise Steuer-CDs mit den geheimen Daten kursieren, ergreift das Kapital, häufig Schwarzgeld, die Flucht. Ohne ausreichend Kapital und Kunden kann aber keine Bank überleben. Von daher kann es nicht verwundern, dass jetzt etliche Institute auf dem Kirchberg ums Überleben kämpfen und zahlreiche Beschäftigte um ihre Jobs fürchten. Vor allem jene Banken, die sich in der Vergangenheit aufs Privatkundengeschäft spezialisiert haben, dürften nun Probleme bekommen.

Die Auswirkungen des vom Bankenverband so beschriebenen Konzentrations- und Schrumpfungsprozesses im Großherzogtum wird auch die deutsche Seite zu spüren bekommen. Von den noch über 26.000 Bankern im Großherzogtum sind 6000 Pendler aus der Region Trier.

Verliert ein Teil von ihnen den Job, müssen die Familien womöglich wegziehen, geht Kaufkraft verloren. Das wiederum bekommen beispielsweise Handel und Handwerk zu spüren, denen Einnahmen fehlen oder wegbrechen. Keine schönen Aussichten.

Von daher ist zu hoffen, dass die Banken auf der Suche nach Alternativen für das wegbrechende Geschäft fündig werden. Im Fondsbereich etwa gehört Luxemburg neben den USA nach wie vor zu den weltweit führenden Nationen. Dieser Finanzsektor könnte noch ausgebaut werden, sagen Experten, auch wenn die dadurch neu geschaffenen Jobs die Zahl der wegfallenden nicht kompensieren können.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Monokulturen anfällig sind und auch in Luxemburg die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

r.seydewitz@volksfreund.de

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