Friedenstauben und Gaddafi

Die Atomkraft hat die Ostermärsche wiederbelebt. Die gestiegene Teilnehmerzahl dieses Jahres ist zweifellos ein Ausdruck der Fukushima-Krise und der bisherigen Energiepolitik der schwarz-gelben Koalition.

Es ist ein höchst legitimes Anliegen, zu versuchen, die militärische wie zivile Nutzung des Atoms wieder von der Erde zu verbannen, weil sie in jeder Hinsicht unmoralisch ist - wegen der Dimension ihrer Gefahr und wegen der negativen Auswirkungen für viele Generationen. Erst recht gilt das für ein Land, das so dicht besiedelt ist wie Deutschland, erst recht gilt das, wenn Alternativen vorhanden sind. Es ist gut, dass es Menschen gibt, die bedingungslos Nein sagen zu einer solchen Technologie der Unvernunft, so wie sie vor über 50 Jahren Nein gesagt haben zu dem Vorhaben Adenauers, Deutschland als atomares Schlachtfeld der Blockkonfrontation vorzubereiten. So fing die Ostermarschbewegung an. Es muss Leute geben, die sich verweigern. Denn je mehr es sind, umso mehr sind Wirtschaft und Gesellschaft gezwungen, über Alternativen konkret nachzudenken. Und solche Alternativen gibt es. Bei der Blockkonfrontation waren es die Abrüstung und die friedliche Koexistenz, bei der Energie ist es der Umstieg auf erneuerbare Quellen. Leider haben sich der Ostermarschbewegung aber auch in diesem Jahr Kräfte angeschlossen, die mit ihrem ursprünglichen Ansinnen nichts im Sinn haben. Nein zum Krieg, das geht ja als allgemeiner, immerwährender Wunsch noch an (gehört freilich eher in die Ostermesse), aber Nein zum Krieg in Libyen, zu Waffenlieferungen an die Aufständischen oder zum angeblich geplanten Kriegseinsatz der Bundeswehr (der in Wirklichkeit ein humanitärer Einsatz ist), solche Transparente sind nur noch ideologisch. Ebenso wie die wiederholten Forderungen nach einem sofortigen Abzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan. Zur Atomkraft heißt die Alternative Windräder, zum Afghanistan-Einsatz aber heißt sie Taliban, und zur Hilfe für die Menschen in Libyen heißt sie Ghaddafi. Während man hierzulande friedenssehnsuchtsgetränkt Tauben in den Himmel steigen lässt, veranstalten in Syrien und Libyen die Diktatoren Tontaubenschießen - allerdings auf Bürger, die so friedlich demonstrieren wie bei uns die Ostermarschierer. Vor zwei Wochen machte eine neurologische Studie Schlagzeilen, wonach "linke" Menschen mehr Empathie, also Mitgefühl, aufbrächten als konservative, die dafür eher von Angstgefühlen geprägt seien. Diese Studie kann als widerlegt gelten.

nachrichten.red@volksfreund.de

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