Frische Luft fürs verstaubte Haus

Raus aus den Hinterzimmern, rein ins Leben: So lässt sich beschreiben, was in der altehrwürdigen Sozialdemokratie an Ideen für eine Parteireform diskutiert wird. Schlaue Köpfe haben erkannt, dass die SPD nicht in alten Denkmustern erstarren darf.

In sämtlichen Umfragen verharrt die Partei unter 30 Prozent, kämpft mit Konkurrenz im linken Lager und von Umwelt- und anderen Verbänden. Seit Mitte der 1970er Jahre hat sie die Hälfte ihrer damals rund einer Million Mitglieder verloren, selbige sind im Schnitt Ende 50.
Bei dem Versuch, frische Luft ins verstaubte Haus zu blasen, stoßen die Reformer jedoch teilweise auf Skepsis und Vorbehalte.
Nicht nur konservative Genossen wehren sich gegen ein Stimmrecht für Nichtmitglieder in Sach- und Personalfragen. Sie, die sich oft seit Jahrzehnten zur SPD bekennen, empfinden das als Einschränkung ihrer Privilegien als Parteimitglied.
Einerseits ist das Unbehagen verständlich. Andererseits haben zum Beispiel gerade in Rheinland-Pfalz die so genannten Planungszellen bei der Kommunalreform gezeigt, wie wertvoll externe Ansichten sein können. Dass normale Bürger ohne Parteibuch ganz von selber Ideen entwickeln, die sozialdemokratischen Leitmotiven folgen, war eine überraschende Erkenntnis. Daraus sollten die Funktionäre etwas lernen.
In ihrem Kampf für neue Parteistrukturen möchte man den Erben August Bebels zurufen: Nur Mut! Wenn sich die Gesellschaft rasant wandelt, müssen die Parteien Schritt halten. Wer öffentlich die Bürgerbeteiligung postuliert, darf an der eigenen Schwelle nicht stoppen.
Höchstwahrscheinlich ist es noch nicht durchsetzbar, den nächsten Kanzlerkandidaten der SPD von Außenstehenden mitwählen zu lassen. Aber warum nicht Landräte, Bürgermeister, Landtags- oder Bundestagskandidaten, zumal dann, wenn künftig Nichtmitglieder auf lokaler Ebene in thematischen Arbeitsgruppen mitmischen?
f.giarra@volksfreund.de

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