Gefährliches Getöse

So friedlich der deutsche Wald mit seinen majestätischen Buchen und knorrigen Eichen auch wirken mag. Er hat schon immer Konflikte ausgelöst.

Und derzeit spitzt sich die Lage zu.
Denn die hohe Brennholznachfrage, die steigenden Holzpreise und der Klimawandel verschärfen die normalen Interessenskollisionen: Die einen wollen den Wald als Ökosystem. Andere als Energielieferant, Freizeitkulisse, Jagdrevier, Standort für Windräder, Holzerzeuger oder Geldquelle. Das führt zu Debatten.
Wie emotional es dabei hergehen kann, zeigt sich bei jener um den geplanten Nationalpark im Hochwald. Eine Debatte, die nicht nur emotional ist, sondern auch irrational. Denn viele der ins Feld geführten Argumente der Nationalparkgegner sind Unsinn. Oder oppositionelles Wahlkampfgetöse. Und das ist gefährlich für eine Region, die vom demografischen Wandel besonders heftig betroffen ist und ganz dringend positive Impulse braucht. Zum Beispiel einen Nationalpark, der sie bundesweit ins Gespräch bringt, Fördertöpfe öffnet und Touristen anlockt.
Statt Entwicklungsalternativen aufzuzeigen, kritisieren die Gegner mangelnde Bürgerbeteiligung. Schwer nachvollziehbar, angesichts der Tatsache, dass es eine große Zahl von Bürgerforen gab und jeder betroffene Ortsgemeinderat um seine Meinung gebeten wurde.
Es ist verständlich, dass die heimische, stark auf Nadelholz spezialisierte Holz- und Sägeindustrie sich um ihre Zukunft sorgt. Sie kämpft ums Überleben. Allerdings hat ein Nationalpark, der nur ein Prozent der Waldfläche bedeckt und zwei Prozent des verarbeiteten Holzes liefert, so gut wie keinen Einfluss auf diese Zukunft. Das Problem ist nämlich, dass sich in der Region einfach viel zu viele auf Nadelholz spezialisierte Sägebetriebe angesiedelt haben. Schon jetzt müssen sie einen großen Teil des Nadelholzes importieren und arbeiten trotzdem weit unter ihren Möglichkeiten - und dieses Problem wird sich mit dem Klimawandel verschärfen. Hat die flach wurzelnde Fichte bei höheren Temperaturen und größerer Trockenheit doch schlechte Karten. Gegen einen Naturpark zu wettern, wird daran nichts ändern. So bitter dies ist: Die Betriebe der Branche werden sich an den Markt anpassen müssen (was in einer Marktwirtschaft ja durchaus üblich ist). Oder sie haben ein Problem.
Den Nationalpark vorauseilend für diese Situation verantwortlich zu machen, ist Unsinn. Zumal dessen Randzonen in den kommenden 30 Jahren ja noch genutzt werden dürfen. Aufgabe eines öffentlichen Waldbesitzers ist es, zwischen den verschiedenen Ansprüchen, die an einen Wald gestellt werden, zu vermitteln und Kompromisse zu finden. Nichts anderes macht das Land.
Naturschutz hat, genau wie die Rohstoffgewinnung, seine Berechtigung. Und je intensiver die Nutzung des Waldes wird, umso wichtiger ist es, dass es echte Schutzgebiete gibt. Ein Nationalpark ist da ein optimaler Kompromiss. Weil er mehr ist als bloß eine Schutzzone und - so die Hoffnung - Menschen, Geld und neue Perspektiven in die Region bringt.
Diese Chance darf der Hochwald sich nicht entgehen lassen.
k.hammermann@volksfreund.de

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