Gelbe Karte für die Politik

So unverblümt haben Deutschlands führende Wirtschaftsforscher der Politik selten die Gelbe Karte gezeigt. Zu zögerlich, zu halbherzig, zu widersprüchlich operiert sie in der europäischen Schuldenkrise.

Das ist die Kernbotschaft des aktuellen Herbstgutachtens. Und zweifellos meinen die Institute damit zuallererst die deutsche Bundesregierung. Gibt sie doch den Takt im europapolitischen Konzert vor.
Das klingt inzwischen nur noch peinlich. Viel zu lange hat Berlin die griechische Misere gesundgebetet. Dann galten Rettungspakete als Stein der Weisen. Doch schon am Tag darauf wurden sie gleich wieder zerredet. All das kostete wertvolle Zeit. Zeit, die das Vertrauen an den Märkten, aber auch bei den Bürgern untergraben hat. Wer weiß schon, was die Krise den Steuerzahler kostet? Wer vermag die Auswirkungen der griechischen Talfahrt abzuschätzen?
Nicht einmal die Wirtschaftsforscher können darauf eine verlässliche Antwort geben. So gesehen stehen ihre Prognosen diesmal auf besonders wackligem Grund.
Sicher, unter allen Euro-Staaten hat Deutschland immer noch so ziemlich die günstigsten wirtschaftlichen Rahmendaten. Aber das muss nicht so bleiben. Schon gar nicht, wenn Politik daran festhalten sollte, eine Staatsinsolvenz mit allen Mitteln zu verhindern. Denn auch die Ressourcen der Retter sind nicht unendlich. Was dringend nottut, ist ein Regelwerk, um die Schäden durch einen unvermeidlichen Schuldenschnitt Griechenlands so gering wie möglich zu halten. Und es braucht nachhaltige Maßnahmen, um einer weiteren Schuldenmacherei in Europa wirksam vorzubeugen. Die Bundesregierung hat es in der Hand, das Podium des nächsten EU-Gipfels am 23. Oktober dafür zu nutzen.
nachrichten@volksfreund.de

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