Gerade mal bis zum Tellerrand

Wer gedacht, gehofft oder befürchtet hatte, Peer Steinbrück würde bei seiner außenpolitischen Grundsatzrede patzen, wurde gestern eines Besseren belehrt. Dieses Metier kann er auch, souverän sogar.

Er hat klare Schwerpunkte und Wertmaßstäbe. Und er kennt sich aus. Da Außenpolitik zunehmend im Kanzleramt gemacht wird und der Außenminister zum Grüßaugust mutiert, ist das schon mal eine wichtige Voraussetzung, um die Spitze der Regierung beanspruchen zu können.
Klar geworden ist gestern aber auch, dass Steinbrück als Kanzler lediglich die leicht sozialdemokratisch eingefärbte Fortsetzung der pragmatischen Außenpolitik Angela Merkels bedeuten würde. Weniger Rüstungsexporte, mehr Russland-Einbindung, mehr Verständnis für die Euro-Krisenländer, das war\'s schon an Neuerungen. Ansonsten fährt auch der Herausforderer auf Sicht, von aktuellem Problem zu aktuellem Problem.
Steinbrücks Vorwurf an Merkel, sie verwalte die Außenpolitik lediglich, entwickele sie aber nicht fort, fällt auf ihn selbst zurück. Auch ihm fehlen große Ziele.
Merkel hat die internationale Klimapolitik praktisch aufgegeben - wie denkt der Kandidat darüber? Wie über die Millenniumsziele zur Entwicklung der Menschheit, über die Bewältigung der Wasser- und Rohstoffknappheit, wie über die Bedrohung durch die Verbreitung von Atomwaffen? Oder über den Umgang mit Afrika, ganz besonders den Ländern des Arabischen Frühlings, unseren unmittelbaren europäischen Nachbarn?
Gestern wäre eine Gelegenheit gewesen, doch all das sparte der Kandidat aus. Es war eine ordentliche Rede, ja, aber sie reichte gerade mal bis zum Tellerrand.
nachrichten.red@volksfreund.de

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