Gespaltenes Recht

Diese Nachricht dürfte noch für politischen Zündstoff sorgen: Nach den vorläufigen Berechnungen der Rentenversicherung werden die gesetzlichen Altersbezüge in den alten Bundesländern im kommenden Jahr nur um ein schlappes Prozent steigen. Das ist deutlich weniger als die Teuerungsrate.

Ruheständler im Osten können dagegen auf ein Plus von drei Prozent hoffen.
Für den deutlichen Unterschied gibt es Gründe, die in der komplizierten Rentenformel zu finden sind. Zum einen ist bei den Ost-Renten bereits vollständig vollzogen, was bei ihren Altersgenossen im Westen die Renten 2013 letztmalig dämpfen wird: der Ausgleich für eine Nullrunde, die wegen der negativen Lohnentwicklung in der Vergangenheit eigentlich eine Rentenkürzung hätte sein müssen.
Hinzu kommen statistische Effekte. Die Lohnentwicklung in den alten Ländern wurde zunächst zu optimistisch kalkuliert, die im Osten zu pessimistisch. So kommt es für die einen zu einem Ab-, und für die anderen zu einem Zuschlag.
Gerade den Ruheständlern in den alten Ländern ist mit diesen Erklärungen freilich wenig geholfen. Zwar liegt die sogenannte Standardrente im Westen höher als im Osten. Doch der Standardrentner ist ein Papiertiger, eine bloße Rechengröße für Experten. Wegen der noch aus DDR-Zeiten stammenden längeren Erwerbsbiografien ist es bei den tatsächlichen Rentenzahlungen nämlich genau umgekehrt. Besonders krass zeigt sich das bei den Rentnerinnen: Während die durchschnittlich gezahlte Rente für Frauen im Westen im Vorjahr 495 Euro betrug, waren es im Osten 711 Euro.
In der Relation wird das sicher nicht so bleiben. Zum einen gehen auch in den alten Ländern immer mehr Frauen einer Vollzeitbeschäftigung nach. Dagegen erreichen im Osten immer mehr Menschen, die lange Zeit erwerbslos waren, den Ruhestand. Das eine steigert die Rente, das andere mindert sie.
Wahr ist auch, dass die allermeisten Rentner in den alten Ländern nicht allein von ihren gesetzlichen Rentenbezügen leben müssen. Betriebsrenten und Mieteinkünfte gehören genauso dazu. Für die meisten Ostrentner sind das eher Fremdwörter.
Diese Tatsachen dürfen allerdings nicht den Blick dafür verstellen, dass in der jüngeren Vergangenheit noch jede Bundesregierung an einem sensiblen Punkt die Hände in den Schoß gelegt hat: Die Vereinheitlichung des gespaltenen Ost-West-Rentenrechts wurde zwar immer wieder postuliert, doch dabei ist es geblieben. Auch Schwarz-Gelb hat das Vorhaben geräuschlos beerdigt. Dabei macht gerade die jüngste Rentenprognose den politischen Handlungsbedarf deutlich.

nachrichten.red@volksfreund.de

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