Gewalt und Reflexe

Wieder ein Gewaltexzess im Münchener Nahverkehr, wieder jugendliche Brutalos, die auf einen Wehrlosen eintreten und wieder Politiker, die reflexhaft reagieren. Die Verrohung, ja die Bereitschaft zum Mord quasi im Vorübergehen - das ist erschreckend.

Aber die Politik nutzt solche Vorfälle nur billig als Wahlkampfinstrument. Sie tut so, als habe sie eine Antwort und ist in Wahrheit völlig hilflos. Vor zwei Jahren sprach Hessens Ministerpräsident Roland Koch nach einem schweren Überfall auf einen Rentner sogleich von der kriminellen Energie junger Ausländer. Wie kurzatmig Kochs damaliges Gerde war, zeigt sich unter anderem daran, dass die Täter des neuerlichen Vorfalls nicht Ausländer waren, sondern Deutsche. Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) hat gestern ähnlich reagiert. Sie gehört von den Wählern deshalb genauso abgestraft wie seinerzeit Koch. Ihre Forderung, alle Täter zwischen 18 und 21 Jahren generell nach Erwachsenenstrafrecht zu behandeln, ist falsch. Der 18-jährige Haupttäter von München-Solln ist so oft vorbestraft, dass er sowieso nicht mit einer milden Behandlung rechnen kann. Die Regelung greift hier also gar nicht. Ansonsten macht es aber Sinn, zwischen dem Jugendstrafrecht bis 18 Jahre und dem Erwachsenenstrafrecht ab 21 Jahre einen Puffer zu lassen, in dem das Gericht den Reifegrad der Heranwachsenden prüft und dann entscheidet, nach welchem Recht über sie geurteilt wird. Dieser Sinn erschließt sich nur jenem, dem nicht Rachegelüste oder Wählerstimmen das Hirn verkleben.

nachrichten.red@volksfreund.de

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