Gleichbehandlung ist entscheidend

So langsam scheint das Bundesverfassungsgericht genug davon zu haben, permanent eingreifen zu müssen, wo die Politik das Handeln verweigert. Das faule Spiel der CDU, ein unangenehmes Thema so lange vor sich herzuschieben, bis die nächste Wahl irgendwie überstanden ist, haben die Richter ziemlich rüde beendet.

Ungünstig für Angela Merkel, die das Abwarten und Teetrinken zur höchsten politischen Kunstform entwickelt hat.
Es gibt einen Satz der Verfassungsrichter, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss: Gleiches dürfe nicht ungleich behandelt werden, wenn es keine gewichtigen Sachgründe dafür gebe. Vom Juristischen ins Deutsche übersetzt: Eine Lebensgemeinschaft gleichgeschlechtlicher Menschen ist nicht per se etwas weniger Wertvolles oder weniger Anerkennenswertes als eine Lebensgemeinschaft ungleichgeschlechtlicher Menschen. Wenn der Staat Rechtsformen des Zusammenlebens schafft, die für die Partner Pflichten bedeuten, muss er ihnen auch die entsprechenden Rechte zubilligen. Alles andere ist Geschmackssache oder Folklore und geht den Staat nichts an. Auch wenn das manchem Konservativen den Kamm schwellen lässt.
Vielleicht hat die Sache aber auch ihr Gutes, und die CDU setzt aus purer Not das gesamte Thema Ehegattensplitting auf die Agenda. Und dafür wäre es höchste Zeit. Diese besondere Privilegierung der Ehe wird gerne aus dem Grundgesetz abgeleitet. Aber als die vielen Väter und wenigen Mütter der Verfassung den besonderen Schutz für Ehe und Familie beschlossen, war der "Lebensbund" tatsächlich noch ein solcher. Die klassische Familie bestand aus arbeitendem Papa, haushaltsführender Mama sowie der von ihr aufgezogenen Kinderschar, zum Zweck von deren Erzeugung der Bund in der Regel geschlossen wurde. Deshalb befand der Gesetzgeber damals zu Recht, dieser Nukleus der Familie sei auch steuerlich zu bevorzugen.
Heute sind Ehen temporäre Lebensgemeinschaften, jede zweite besteht nur die guten, nicht aber die schlechten Zeiten, Kinder sind längst kein Hauptzweck mehr, und die aktuelle gesellschaftliche Wunschkonstellation sind gleichberechtigte, arbeitende Partner. Welchen Sinn hat das Ehegattensplitting also noch? Außer dass es der Ehefrau des Topverdieners das Daheimbleiben versüßt?
Zu fördern, auch steuerlich, wäre stattdessen jede Lebensgemeinschaft, die Kinder aufzieht und damit eine elementare gesellschaftliche Leistung erbringt. Egal ob verheiratet oder nicht, schwul oder hetero, traditionell oder Patchwork. Das Ganze hat auch einen politischen Namen: Familiensplitting.
d.lintz@volksfreund.de

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