Gut gedacht, falsch gemacht

Die Realschullehrer haben recht: Man sollte der Realschule plus eine Chance geben. Sie braucht Zeit, um sich zu entwickeln.

Doch die Zeit hat sie nicht. Vielen Realschulen plus droht früher oder später das Aus. Es fehlt an neuen Schülern. Vielerorts stimmen die Eltern mit den Füßen ab. Statt ihre Kinder auf die ungeliebte Schule zu schicken, melden sie sie lieber auf dem Gymnasium an oder muten ihnen weite Wege bis zur nächsten Gesamtschule zu. Oft erweist sich das aber als Trugschluss. Die Flucht vor der Realschule plus hat dazu geführt, dass gute, mittelmäßige Schüler, die früher besser auf der Realschule aufgehoben waren, nun auf dem Gymnasium landen, viele von ihnen dort kämpfen müssen - und das nur aus falsch verstandenem Ehrgeiz der Eltern. Oder sie stellen fest, dass einige Gesamtschulen doch schlechter sind als ihr Ruf und die versprochene individuelle Förderung und Durchlässigkeit bis zum Abitur nur ein Lockmittel gewesen ist.
Es ist richtig gewesen, die Hauptschulen abzuschaffen. In Zeiten, in denen selbst in vielen klassischen Handwerksberufen mittlerweile höhere Schulabschlüsse verlangt werden, ist die Hauptschule immer mehr entwertet worden. Doch es hat nicht gereicht, der Schule einfach einen neuen Namen zu geben. Trotz der Realschulen plus gibt es immer noch Hauptschüler. Offenbar ist es der neuen Schulform nicht gelungen, Real- und Hauptschüler zu integrieren. Es fehlt oft an geeigneten pädagogischen Konzepten.
Es bringt eben nichts, einfach zwei Schulformen zu einer zu machen, ohne die Lehrer, Eltern und Schüler mitzunehmen. In vielen Realschulen plus gibt es immer noch Lehrer erster und zweiter Klasse. Haupt- und Realschullehrer werden unterschiedlich bezahlt, entsprechend ist wohl auch die Motivation vieler Lehrer. Von der vom Land versprochenen individuellen Förderung ist an einigen Realschulen plus wenig bis gar nichts zu spüren. Keine Frage: Es knirscht an dieser Stelle gewaltig im rheinland-pfälzischen Bildungssystem.
Es bringt auch nichts, die Realschulen plus durch Fachoberschulen aufzuwerten und den Eltern vorzugaukeln, jeder Realschüler könne Abitur machen. Für die Schulträger ist das oft der letzte Strohhalm, um den Standort ihrer Realschule plus mittelfristig zu sichern. Der Wettbewerb um den Standort-erhalt verschleiert das wahre Problem: Was vielerorts fehlt, sind schlicht und einfach Inhalte. Inhalte, die überzeugen und den Eltern zeigen, dass die Realschule plus die Kinder wirklich fördert. Nur dann hat die Realschule plus eine Zukunft.
b.wientjes@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort