Hände weg vom Gymnasium!

In der bildungspolitischen Debatte taucht immer wieder ein Begriff auf, der für starkes Unbehagen sorgt: Einheitsschule. Diese Woche hat der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Daniel Köbler, das Thema neu befeuert.

Die Ökopartei strebt laut Köbler mittelfristig "eine Schule für alle" an.
Hinter diesem Modell verbirgt sich der richtige Gedanke, dass ein längeres gemeinsames Lernen padägogisch und gesellschaftspolitisch sinnvoll ist. Seit der Pisa-Studie und ihren verheerenden Ergebnissen für das deutsche Bildungssystem ist bekannt, dass ein enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem Bildungserfolg besteht. Schüler, die aus schwierigen Verhältnissen stammen und frühzeitig aussortiert werden, haben nach Erkenntnissen von Experten geringere Chancen. Generell darf jedoch kein Kind auf der Strecke bleiben. Mit Blick auf den Fachkräftemangel in der Wirtschaft erst recht nicht.
Eine Institution bewährt sich in Deutschland seit Jahrzehnten: das Gymnasium. Es genießt bei den Eltern einen ausgezeichneten Ruf. Kein Wunder, dass da, wo Gefahr für diese Schulform in Verzug ist, ein Sturm der Entrüstung losbricht.
So wurde beispielsweise die schwarz-grüne Koalition in Hamburg förmlich hinweggefegt, als sie eine Primarschule mit sechsjähriger Schulzeit anstelle der vierjährigen Grundschulen einführen wollte, was auf Kosten der Gymnasien ab Klasse fünf gegangen wäre.
In Rheinland-Pfalz läuft bereits eine Schulreform, bei der die Realschulen plus die Hauptschulen ablösen. Hier gibt es auch Integrierte Gesamtschulen. Beide Schularten bieten unterschiedliche Abschlüsse, haben daher ihre Berechtigung und stoßen auf großes Interesse der Eltern, wie die stetig steigenden Anmeldezahlen beweisen.
Wer wie die Grünen "eine Schule für alle" propagiert, vergaloppiert sich und missachtet den Elternwillen. Sie schätzen gerade die Differenzierung und wählen sorgsam aus, was für ihre Kinder das Beste ist. Eine Schule für alle kann nur dazu führen, dass die Gymnasien darunter leiden oder gar abgeschafft werden müssen. Dem kann man nur entgegenhalten: Hände weg vom Gymnasium!
Möglicherweise steckt hinter dem Vorstoß von Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler keine Ideologie, sondern nur eine unglückliche Wortwahl. Darauf deuten zumindest die Reaktionen in der gestrigen Landtagsdebatte hin.
Es bleibt aber ein fader Beigeschmack und der Verdacht, dass am Schulsystem herumgefummelt werden soll.
f.giarra@volksfreund.de

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