Im freien Fall

Keine Frage, dieses Ergebnis ist für die CSU ein Debakel. Wer von 61 Prozent auf etwas über 40 abstürzt, der muss Fehler gemacht haben. Zu groß ist der Abstand zwischen dem eigenen Anspruch und dem Zuspruch der bayerischen Wähler.

Ohne Zweifel hat das Führungspersonal der bayerischen CSU unglücklich und zuweilen unsäglich agiert. Glücklos und unbeholfen stolperte das christsoziale Spitzenduo von einer verbalen Peinlichkeit in die nächste. Wer in einem Landtagswahlkampf zu Kreuzzügen aufruft, wie das CSU-Parteichef Erwin Huber getan hat, ist in der politischen Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts eine krasse Fehlbesetzung. Und wenn Günther Beckstein einen Bayern nur dann für einen anständigen Bazi hält, wenn er CSU wählt, dann darf er sich nicht wundern, dass mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten sich unanständig verhalten hat. Beckstein und Huber werden für den Absturz ihrer Partei den Kopf hinhalten müssen, so ist das politische Geschäft. Sie wussten das vorher und sollten sich deshalb jetzt nicht beklagen. Seit gestern steht fest: Die CSU hat ihre Sonderstellung verloren, wird auf einen Koalitionspartner angewiesen sein und hat nach diesem Absturz so ziemlich jeden Einfluss auf die Berliner Politik eingebüßt. Aber wer einzig das aktuelle Spitzenpersonal der Christsozialen ans Kreuz schlagen will, vergisst die Vorgeschichte. Denn nur auf den ersten Blick war das Ergebnis der Landtagswahl 2003 grandios. Über 60 Prozent der Stimmen, die Konservativen jubelten und vergaßen, dass nur noch 57 Prozent der Bayern wählen gegangen waren. Die Linke trat damals noch nicht an, die Freien spielten landespolitisch keine Rolle. Wer von der schwarzen Klientel protestieren wollte, blieb daheim. Statt Siegestaumel hätten schon damals die Alarmglocken läuten müssen. Dazu kam der unsägliche Poker Edmund Stoibers nach der Bundestagswahl 2005. Geht er nach Berlin oder geht er nicht? Und als er schließlich daheim blieb, war er zu einer Witzfigur verkommen, zum Abschuss freigegeben von einer Dame namens Pauli. Es war die eklatante Schwäche Edmund Stoibers, die schließlich Günther Beckstein und Erwin Huber in die erste Reihe katapultiert hat. Da haben sie nicht wirklich etwas verloren, da sind sich alle einig. Zwei solide Arbeiter, aber beide nun wahrlich nicht fähig, um Menschen zu begeistern und Wahlkämpfe erfolgreich zu führen. Aber dass nach 46 Jahren die Alleinherrschaft der CSU in Bayern endet, ist nicht allein ihre Schuld. Diese Niederlage hat auch Edmund Stoiber mit auf dem Kerbholz.

d.schwickerath@volksfreund.de

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