In der Rüstungsexportfalle

Vermutlich hat Angela Merkel geahnt, welchen innenpolitischen Ärger das Rüstungsgeschäft verursachen würde, so dass die Kanzlerin die Offerte nicht vor ihrer Afrikareise, sondern weit weg in Angola öffentlich gemacht hat. Nun ist das ein einfacher, aber in diesem Fall doch wenig wirksamer Trick.

Denn nach dem heftigen Streit um den Panzer-Deal mit Saudi-Arabien hätte auch Merkel klar sein müssen, dass die Empörungswelle von Deutschland bis nach Westafrika schwappen würde. Es gibt in der Tat qualitative Unterschiede zwischen beiden Geschäften. Mit Panzern kann man gegen das eigene Volk vorgehen, mit Patrouillenbooten - wenn überhaupt - nur äußerst begrenzt. Zu dieser rein rationalen Betrachtung gehört auch eine realpolitische, nämlich dass mit dem Export von Kriegsgerät Beziehungen gepflegt, Abhängigkeiten geschaffen und wirtschaftliche Absichten verfolgt werden. Nur: Rüstungsausfuhren unterliegen eben immer auch einer extrem moralischen Dimension. Das ist gut so. Deshalb sitzt die Regierung zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen selbstverschuldet in der Rüstungsexportfalle. Denn die Auffassung hat sich verfestigt, dass Angela Merkels Koalition beim Handel mit Waffen ausschließlich ökonomisch und geostrategisch vorgeht und dabei die Richtlinien bis an die Grenze dehnt. So ist in der Vergangenheit zwar viel vom arabischen Frühling und von der Unterstützung der Freiheitsbewegungen in Nordafrika geschwärmt und die Einhaltung von Menschenrechten eingefordert worden. Das alles hat sich dann aber in der praktischen Anwendung als theoretischer Exkurs, als Geschwätz entpuppt - zuerst bei Saudi-Arabien, jetzt indirekt auch beim Waffenhandel mit Angola, das alles andere als eine Vorzeigedemokratie ist. Dabei hätte Afrika ganz andere Hilfe nötig, wie die Hungersnot in Somalia zeigt. Die Balance in der Rüstungspolitik zu halten, das ist hohe Regierungskunst. Zumal es Wirtschaftserfolge gibt, auf die man nicht stolz sein sollte. Dazu gehört, dass die Bundesrepublik bei den Waffenexporten eine Spitzenposition einnimmt. Umso wichtiger ist es, dass öffentliche Kontrolle stattfindet. In Deutschland müssen deshalb die mangelnde Transparenz sowie die fehlende parlamentarische Aufsicht endlich beseitigt werden. Es kann nicht sein, dass der Bundestag oft erst mehr als ein Jahr später Informationen über erteilte Genehmigungen erhält, ohne Begründungen über die gefällten Entscheidungen und ohne Angaben über tatsächliche Exporte von Waffen. Dass es auch anders geht, zeigen andere Länder in Europa. Die Bundesregierung täte jetzt gut daran, wenn sie einen solchen Reformprozess vorantreiben würde. Gerade wegen der eigenen Glaubwürdigkeit. nachrichten.red@volksfreund.de

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