In der Zentrifuge Europa

Mario Monti, Markus Söder und Sigmar Gabriel haben am vergangenen Wochenende an der Zentrifuge Europa gedreht. Jeder auf seine Weise.

Und Angela Merkel, die stoisch schweigt, auf ihre Art gleich mit. Die Zentrifuge trennt schwerere von leichteren Stoffen unter Ausnutzung der Massenträgheit. Und das passiert derzeit mit dem Kontinent. Überall werden Fliehkräfte mobilisiert, mit wachsender Geschwindigkeit. Und am Ende werden die Völker voneinander weggeschleudert sein. Scheitert der Euro, scheitert Europa. Wenigstens das hat die Kanzlerin gesagt. Vor langer Zeit.
Mario Monti redet de facto der Eurokratie das Wort, wenn er den Regierungen wegen der aktuellen Krise noch mehr Macht und den nationalen Parlamenten noch weniger geben will. Kein Wunder, er kommt aus dem Brüsseler Apparat. In dem scheint die proeuropäische Vernunft so einfach zu sein und der Wille der Völker so schwach. Wer sich aber wie Monti per Verdikt von oben über den Willen der Völker und ihrer nationalen Parlamente hinwegsetzen will - auch über die Deutschen, die partout und zu Recht so vor aussetzungslos nicht für die Schulden anderer einstehen mögen - wird genau das Gegenteil ernten.
Als Warnung sei Monti Markus Söder gezeigt. Griechenland raus, erst Bayern, dann Deutschland, dann lange gar nichts. Mir san mir. So redet der CSU-Minister immer aggressiver, so macht seine ganze Partei gerade Vorwahlkampf. Und Angela Merkel lässt das gewähren, genau wie ihren Vizekanzler Philipp Rösler (FDP), der nahezu täglich den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone voraussagt. Söders unsägliche Formulierung, man müsse an Athen ein "Exempel statuieren", auch der Satz von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, Monti brauche wohl mal eine "klare Ansage", all das sind sprachliche Vorzeichen eines Gegen-Europas, zu dem umgekehrt auch die Nazivergleiche in südeuropäischen Gazetten gehören. Einer EU, die auseinanderfliegt. Eines hässlichen Kontinents der Missgunst. Und Sigmar Gabriel? Er redet einem Europa das Wort, das erst am Ende eines langen Entscheidungs- und Lernprozesses stehen kann: Aufgabe nationaler Souveränitätsrechte, gemeinsame Schulden, eine neue Verfassung - all das kommt zehn, wenn nicht zwanzig Jahre zu früh. All das kann erst kommen, wenn die Schuldenstaaten ebenfalls ordentlich wirtschaften, wenn die Schuldenbremsen überall wirken, wenn das europäische Parlament mehr Kompetenzen hat und es eine gemeinsame Wirtschaftsregierung gibt. Ohne dies und zu früh verkündet, verstärkt Gabriels Idee nur die Fliehkräfte.

nachrichten.red@volksfreund.de

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