In engen Grenzen

Als die Flüchtlingskrise im Sommer mit voller Wucht in Deutschland aufschlug, meinte Kanzlerin Angela Merkel noch: "Deutsche Gründlichkeit ist super", aber jetzt sei "deutsche Flexibilität" gefordert. Warum sollte das nicht auch für Teilregelungen beim Mindestlohn gelten? Damit das klar ist: Den Mindestlohn für Flüchtlinge gänzlich auszusetzen, wäre ein fatales Signal.

Denn damit würden die Neuankömmlinge gegen sozial schwache Deutsche ausgespielt, die Flüchtlinge würden zu Dumpinglöhnern und in einen Verdrängungswettbewerb mit einheimischen Langzeitarbeitslosen treten. Genau das will keiner, weil es das Gegenteil von Integration wäre.

Außerdem betont die Politik derzeit aus guten Gründen, dass niemandem hierzulande etwas weggenommen werden soll, um es dann Flüchtlingen zu geben. Der Ansatz ist richtig, alles andere schürt nur Fremdenfeindlichkeit und Ressentiments. Mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt wäre aber dringend vonnöten. Vor allem, was den Zugang für Asylsuchende angeht. Hier ist zwar schon einiges passiert, aber aus Sicht der Wirtschaft noch nicht genug. Wahr ist: Der überwiegende Teil der Neuankömmlinge ist schlecht oder gar nicht qualifiziert.

Und wenn doch, dann ist unklar, ob die Kenntnisse hiesigen Anforderungen entsprechen. Viele Flüchtlinge sind außerdem zu jung, um bereits eine Ausbildung absolviert haben zu können. Praktika haben somit eine bedeutende Brückenfunktion in neue Qualifikationen hinein. Hier sollte die Politik der Wirtschaft entgegenkommen, weil sie die größte Integrationsaufgabe zu leisten hat. Änderungen beim Mindestlohn sind an dieser Stelle der richtige Weg, allerdings in zeitlich engen, sinnvollen und überwachten Grenzen. Denn man kennt das ja: Reicht man erst den kleinen Finger, wird oftmals nach der ganzen Hand gegriffen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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