Die Woche im Blick Was ist wichtig bei Omikron?

Meinung · Neuinfektionen, Inzidenzen, Hospitalisierungsrate: Die Werte zur Beurteilung der Corona-Lage haben sich oft geändert. Doch was ist eigentlich zurzeit entscheidend? Ein Kommentar über einen erstaunlichen Blindflug.

Infektionen, Inzidenz, Krankenhausbelegung: Bei Corona herrscht Verwirrung
Foto: TV/Friedemann Vetter

Wissen Sie noch, was schon alles zur Beurteilung der Corona-Lage dienen sollte? Zunächst waren es die Neuinfektionen, obwohl allen klar war, dass diese Zahl kaum half. Viele Infektionen blieben zu Beginn der Pandemie unentdeckt – Tests waren eher die Ausnahme als die Regel.

Danach blieben Infektionen wichtig – die Inzidenzen rückten in den Blick. Eher willkürlich erschienen die Grenzen – mal ging es um 100 Neuinfektionen pro 100.000 Bewohner in sieben Tagen, dann um 50 oder 35. Vor wenigen Monaten entwickelte Rheinland-Pfalz ein Warnsystem, bei dem Krankenhausbelegungen regional und im Land eine Rolle spielten. Dann sollte nur noch die Hospitalisierungsinzidenz entscheidend sein. Drei Einweisungen ins Krankenhaus pro 100.000 Einwohner in einer Woche waren das entscheidende Maß, dann sollten Verschärfungen greifen. Und heute? Liegt dieser Wert in Rheinland-Pfalz trotz seit längerem steigenden Infektionszahlen bei 2,76.

Doch die Diskussion darüber, wann Corona-Maßnahmen beendet werden können – und wenn es nur mit einem zeitlichen Vorlauf ist, führt derzeit kaum jemand. Und noch absurder: Es gibt keine Kenngröße mehr, die für alle erkenntlich ist und die Entscheidungen begründet.

Zu groß erscheinen die Unsicherheiten durch die ansteckendere Omi­kron-Variante. Der mittlerweile als gesichert geltende im Schnitt mildere Krankheitsverlauf dagegen spielt nur eine untergeordnete Rolle bei Entscheidungen. Und ob etwa Einschränkungen für Ungeimpfte gerechtfertigt sind, die Frage wird schnell abgetan. Dabei ist offensichtlich: Es geht hier, etwa beim Einkaufen, weniger um nachweisbare Effekte als um eine Impfpflicht, die keiner so nennen will. Um nicht falsch verstanden zu werden: Impfen hilft, eine höhere Impfquote würde vieles erleichtern. Doch wenn wir nicht einmal wissen, wie viele Menschen wirklich geimpft sind, wenn andere Zahlen zur Bewertung sich monatlich ändern und teils einfach wieder verschwinden, dann ist die Corona-Politik weiter vor allem eines: nicht nachvollziehbar.

Eine kleine Absurdität will ich zum Ende nicht verschweigen: In dieser Woche haben das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Intensivmediziner-Vereinigung DIVI eine Untersuchung vorglegt, die zeigt, dass auf den Intensivstationen vor allem Ungeimpfte liegen. Aktuelle, tagesgenaue Daten werden dabei aber nicht geliefert. Und so kann es durchaus sein, dass diese Untersuchung zu großen Teilen Erkenntnisse über die Auswirkungen der Delta-Variante des Coronavirus zeigt und nicht solche zu denen der mittlerweile deutlich domierenden Omikron-Variante. Die Kommunikation ist im Kampf gegen Corona äußerst wichtig. Leider haben dies entscheidende Stellen wie das RKI immer noch nicht verstanden – oder sie verstehen es nicht, dies professionell umzusetzen.

t.roth@volksfreund.de

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