Kolumne Die Woche Ab zu Instagram oder nach Wittlich

Die jungen Menschen setzen bei Nachrichten über das Weltgeschehen eher auf Instagram als auf Facebook. Das ist die Erkenntnis des „Reuters Institute Digital News Report“, der die 18- bis 24-jährigen Internetnutzer befragt hat.

 Chefredakteur Thomas Roth

Chefredakteur Thomas Roth

Foto: TV/Schramm, Johannes

Überraschend ist das nicht: Facebook ist für jüngere Menschen eher das Medium ihrer Eltern und damit nicht in. Wer will schon dort unterwegs sein, wo Vater und Mutter sich austauschen? Alle, die sich darüber wundern, sollten kurz überlegen, ob sie mit 16 oder 18 in dieselben Kneipen und Clubs gegangen sind wie Mama und Papa.

Instagram ist das Medium für Selfies, für das Bild aus dem Urlaub oder vom Essen. Das war bisher die Annahme. Und oft stimmt das auch. Übrigens hier dürfen alle Lästerer ebenfalls kurz innehalten: Haben Sie noch nie eine unterhaltsame, aber nicht tiefgründige Geschichte genossen? Haben Sie noch nie Fotos angeschaut? Nun zeigt sich: Instagram kann mehr sein. Das haben übrigens unsere Volontäre ebenfalls bemerkt. Die hatten unter dem Stichwort #kreuzchenmacher vieles über die Wahlen in Rheinland-Pfalz auf Instagram gestellt. Und diese Themen kamen an. Unsere Folgerung: Vielleicht geht es bei Instagram einfach darum, die Themen richtig zu verpacken. Und vielleicht ist der Mix aus Unterhaltung und Nachrichten hier ebenso für viele spannend, egal ob jung oder alt.

Weiteres Ergebnis der Studie: Die jungen Menschen vertrauen eher Nachrichten in Tageszeitungen oder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen als in sozialen Medien. Es ist also keineswegs so, dass Jüngere alles glauben, was sie lesen. Auch hier findet die „Die-Jugend-wird-immer-schlimmer-Abteilung“ keine Unterstützung. Übrigens fällt die Unterscheidung zwischen den Verfassern einer Nachricht und dem Medium oft nicht leicht. So sind wir als Redaktion sowohl auf Facebook als auch auf Instagram aktiv.

Sicherlich ist aber eines richtig: Auf Facebook oder auf Instagram finden sich seltener tiefgründige Diskussionen. Und es hilft, sich ab und an die Zeit für persönliche Gespräche oder Vorträge zu nehmen, die analysierender und länger sind. So etwa bei der Wirtschaftswoche in Wittlich am Freitag: Da lohnte es sich, CDU-Politiker Norbert Röttgen zuzuhören. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag analysierte treffend die geopolitische Lage. Und er bestärkte die Ansicht des Wittlicher Bürgermeisters Joachim Rodenkirch, der von einer „Zeitenwende“ sprach. Länder wie die USA ziehen sich laut Röttgen aus ihrer Führungsrolle zurück, die europäischen Länder müssten mehr Verantwortung übernehmen. Röttgen überzeugte in Wittlich – auch wenn sich mancher fragte, warum Röttgen Deutschland kritisierte, keinen einzigen konkreten Vorschlag für eine Zusammenarbeit mit Frankreich gemacht zu haben. Immerhin ist Röttgens Partei, die CDU, lange in der Regierung. Wenn sich einer ihrer profiliertesten Außenpolitiker so nach vorne wagt, sollte er dies als Selbstkritik sehen. Eine interessante Nachricht ist es übrigens in jedem Fall – egal ob auf Instagram, Facebook oder wie hier in Ihrer Zeitung.

t.roth@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort