Kandidaten-Theater

Die Linkspartei ist immer dann obenauf, wenn sie "Nein" sagen kann: Nein zu Hartz IV, Nein zur Rente mit 67 und all den anderen Boshaftigkeiten der Regierenden. Sind dagegen konstruktive Beschlüsse gefragt, wird es zuweilen chaotisch.

Das Gerangel um eine eigene Personalie für die Wahl zum nächsten Bundespräsidenten ist dafür ein Paradebeispiel. Fast könnte man meinen, die Linken neiden den Genossen von der Konkurrenz das Sommertheater um Wolfgang Clement, weshalb man nun selbst nach Kräften die Bühne bespielt. Mal ist der eigene Präsidentschaftskandidat schon gefunden, dann wieder nicht, und schließlich wird die Öffentlichkeit mit dem Hinweis überrascht, dass die Linke überhaupt einen eigenen Mann (oder Frau) ins Rennen schicken will. Alles klar?

Bei der Wahl des Staatsoberhaupts im kommenden Jahr steckt die Partei freilich im Dilemma. Einerseits beflügelt eine Mitwahl der SPD-Kandidatin Gesine Schwan rot-rot-grüne Gedankenspiele für den Bund. Andererseits gefällt sich die Linke in politischer Eigenständigkeit und der brennenden Lust, die Sozialdemokraten zu ärgern. Hinter den Kulissen mischen dann auch viele linke Interessengruppen mit. So wird der Konflikt über die eigene Wahlstrategie auch zum politischen Richtungsstreit - Oskar Lafontaine ist vornehmlich auf Krawall gebürstet, Gregor Gysi setzt auf pragmatische Entscheidungen. Wenn es zur erwarteten rot-rot-grünen Mehrheit in der Bundesversammlung kommt, wird den Linken freilich nichts anderes übrig bleiben, als für Gesine Schwan zu votieren. Ansonsten wäre nämlich Horst Köhler wieder gewählt. Diesen Umstand sucht die Linke mit ihrem Kandidaten-Theater zu verschleiern. Doch darin ist die Partei ziemlich unprofessionell. Sie muss noch üben.

nachrichten.red@volksfreund.de

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