Kein Glanzstück für eine aufgeklärte Gesellschaft

Die dunkle Seite des verschärften Asylrechts.

 Rainer Neubert

Rainer Neubert

Foto: Klaus Kimmling

Ist es eine notwendige Verschärfung oder politischer Aktionismus mit Blick auf die zunehmend fremdenfeindliche Wählerklientel? Die Wahrheit liegt bei der erneuten Anpassung des Asylrechts wie fast immer in der Mitte. Das ungute Gefühl, dass die Bundesregierung und allen voran der Bundesinnenminister damit auch Signale setzt, um von den Versäumnissen der eigenen Behörden abzulenken, lässt sich aber nicht verleugnen. Hätten im Fall Amri oder bei Franco A. die bereits vorhandenen Sicherheits- und Erkennungsmethoden zuverlässig funktioniert, wäre es auch ohne verschärfte Gesetzesregelungen nicht zur Katastrophe auf dem Berliner Weihnachtsmarkt und auch nicht zum Bundeswehrskandal gekommen.

Wie sehr hat sich die Stimmung in Deutschland seit 2015 doch verändert! Nationalistisches Geschwätz hat die Hoheit der Stammtische überwunden und erlangt scheinbar immer größeres Gehör auch in öffentlichen Debatten. Viel zu oft bleiben unwahre Behauptungen unwidersprochen.

Das ändert sich, sobald die Menschen aus Deutschland mit den Menschen in Kontakt kommen, die vor Krieg, Verfolgung und existenzieller Not nach Deutschland geflohen sind. Dann bekommt der davor potenziell gefährliche Unbekannte ein Gesicht - und wird oft zum sympathischen Mitmenschen.

Rheinland-Pfalz macht bei der Entwicklung zum Abschiebeland nicht mit. Die Landesregierung setzt weiterhin auf die freiwillige Ausreise der Menschen, die nach derzeitigem Recht nicht bleiben dürfen. Dass ihnen der Abschied "versilbert" wird, trägt wesentlich zum Erfolg der Initiative Rückkehr bei.

Wie sehr das Land durch dieses Vorgehen selbst profitiert, kann nicht genau beziffert werden. Denn jede Förderung einer freiwilligen Rückreise - es kann zum Beispiel das Geld für eine für den Broterwerb notwendige Nähmaschine sein - wird individuell verhandelt. Und keine Abschiebung kann per Pauschale abgerechnet werden. Unterm Strich ist die Rückführung mit Zwang aber deutlich teurer.

Es steht außer Frage: Menschen, die nach Deutschland kommen, um Straftaten zu begehen, haben hier nichts verloren. Ebenso wenig jene, die unsere demokratischen Grundwerte ablehnen. Asylbewerber aber unter Generalverdacht zu stellen und zu "gläsernen" Menschen zu machen, kann nicht im Sinne einer aufgeklärten Gesellschaft sein, mit Menschenrechten als höchstes Gut. r.neubert@volksfreund.de

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