Kein großer Wurf - Der Koalitionsvertrag: schnell, geräuschlos, nicht zu Ende verhandelt

Keine Frage, die Koalitionsverhandlungen in Mainz zwischen SPD, FDP und Grünen gingen ungewöhnlich schnell und fast geräuschlos über die Bühne. Keine öffentlichen Querschüsse oder Alleingänge zur Unzeit, kein lautes Gepolter oder vernehmbare Maximalforderungen. Statt dessen konzentriertes - und wenn man den Beteiligten glauben will - auf allen Seiten konstruktives Arbeiten. Mit überraschend schnellem Abschluss. Das war bei diesem Wahlergebnis mit sehr selbstbewussten Sozialdemokraten, gedemütigten Grünen und erleichterten Freien Demokraten nicht unbedingt zu erwarten.

Auch inhaltlich wurden in dieser politischen Leitlinie für die nächsten fünf Jahre einige wichtige Duftmarken gesetzt. Überraschend deutlicher Stellenabbau, Schluss mit der Blockade und Verzögerung wichtiger Straßenbauprojekte wie dem Lückenschluss der A 1 oder der zweiten Brücke im Mittelrheintal, damit war nicht unbedingt zu rechnen und das sind durchaus respektable Fortschritte im Vergleich zum derzeitigen Zustand. Dass die FDP künftig wieder für Wirtschaft und Justiz verantwortlich ist, dürfte zu deutlich mehr Ruhe in diesen beiden Bereichen führen. Denn die Unternehmen und ihre Verbände haben all die Jahre mit der Grünen-Ressortchefin eher mehr als weniger gefremdelt, auch wenn die stets tapfer etwas anderes behauptet hat. Und dass die SPD in den allermeisten Fällen kein glückliches Händchen bei der Wahl ihrer Justizminister hatte, wird niemand ernsthaft bestreiten.

Damit ist es dann aber auch schon weitgehend vorbei mit den positiven Vorzeichen. Denn Rheinland-Pfalz versinkt nach wie vor in roten Zahlen. Daran ändert auch die Schuldenbremse nichts. Dass die Ziffern sich überhaupt noch einigermaßen ohne Schmerzen lesen lassen, hat weniger mit solider Haushaltspolitik als mit sprudelnden Steuereinnahmen zu tun. Dazu kommt, dass die neue Regierung nach wie vor ernorme Klötze am Bein hat, etwa den defizitären Hahn, den man zu gerne los wäre, oder auch extrem strukturschwache Regionen wie Teile des Hunsrücks oder die Westpfalz.

Und ausgerechnet vor diesem finanz- und strukturpolitischen Hintergrund gönnt sich die SPD ohne stichhaltige und überzeugende sachliche Begründung ein weiteres Ministerium! Mit Verlaub, das ist dreist. Es bedeutet einen weiteren Minister, einen weiteren Staatssekretär, eigene Büros, eigenes Spielgeld und vieles mehr - kurz, zusätzliche Ausgaben, die so notwendig sind wie ein Kropf. Dem Bürger Sparsamkeit predigen und auf bestehende Finanzzwänge verweisen und selbst gleichzeitig siegestrunken einen dicken Schluck aus der Pulle nehmen, das verstehe, wer will.

Zumal dadurch auch das Bildungsministerium in seiner jetzigen Form zerschlagen wird. Das aber hat in den letzten Jahren, bei aller berechtigten Kritik in einzelnen Punkten, wohl am effektivsten und geräuschlosesten von allen gearbeitet.

Unter die Rubrik politischer Irrsinn fällt die geplante Neuordnung im Bereich Landwirtschaft. Für die herkömmlich wirtschaftenden Bauern wird künftig das FDP-geführte Wirtschaftsministerium zuständig sein, für die Biobauern das grüne Umweltministerium. Absurder, weltfremder und praxisferner geht's nicht mehr. Was soll denn dabei herauskommen außer Dauer-Murks, endlos lange Prozesse, gegenseitige Blockaden, Doppelarbeit und Entscheidungsstau? Abgeladen wird das letztlich alles auf den Buckeln der im Moment ohnehin arg gebeutelten Landwirte. Mehr groben Unfug kann man vorsätzlich nicht machen.

Die Ampelparteien haben mit dem Koalitionsvertrag versucht, es allen recht zu machen, und sich dabei teilweise mächtig verrannt. Ein großer Wurf sind die rot-gelb-grünen Pläne für die nächsten fünf Jahre jedenfalls nicht.

d.schwickerath@volksfreund.de

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