Kein Steuer-Bonus für Wärmedämmung

Der Plan, die energetische Sanierung von Häusern steuerlich absetzbar zu machen, ist tot. Der Bund werde kein Vermittlungsverfahren mit dem Bundesrat beantragen, um das Projekt zu retten, hieß es gestern aus mehreren Quellen in der Berliner Regierung gegenüber dem TV. Damit fehlt ein wichtiger Baustein, um die Ziele der Energiewende zu erreichen.

Berlin. Offiziell teilte das Finanzministerium auf Anfrage mit, dass sich die "Anzeichen verfestigen" würden, dass es kein Vermittlungsverfahren geben werde. Nachdem der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause den Plan abgelehnt hatte und selbst den Vermittlungsausschuss nicht anrief, wäre es Sache der Bundesregierung gewesen, die Kompromisssuche förmlich einzuleiten. Zuletzt hatten die Verbände der Bauwirtschaft, das Handwerk und auch Mittelstandspolitiker der Union die Regierung aufgefordert, das Projekt nicht fallenzulassen. Die halbstaatliche Deutsche Energieagentur hatte erst am Dienstag darauf hingewiesen, dass die Sanierungszahlen drastisch zurückgegangen sind, weil Hausbesitzer auf eine Entscheidung warteten. Doch in der Regierung hat sich, erfuhr unsere Zeitung, die Einschätzung durchgesetzt, dass ein Vermittlungsverfahren aussichtslos wäre. Es wird bereits nach Alternativen gesucht. Die steuerliche Absetzbarkeit war Teil des neuen Energiekonzepts der Bundesregierung, dessen Ziel es ist, den CO{-2}-Ausstoß drastisch zu senken. Immobilienbesitzer sollten zehn Jahre lang jährlich zehn Prozent ihrer Modernisierungskosten bei der Einkommensteuererklärung angeben können, wenn durch die Arbeiten der Energieverbrauch unter einen vorgegebenen Wert sinkt. Das Vorhaben hätte zu Steuerausfällen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro geführt, von denen Länder und Kommunen rund 800 Millionen Euro zu tragen gehabt hätten. Deswegen lehnten die Länder das Gesetz im Bundesrat ab, parteiübergreifend. Als zweiten Förderweg wollte die Regierung das bestehende Gebäudesanierungsprogramm, das derzeit eine Milliarde Euro umfasst, auf 1,5 Milliarden Euro aufstocken, so viel wie zur Zeit der großen Koalition. Das zusätzliche Geld sollte aus den Auktionserlösen bei der Versteigerung von CO{-2}-Emissionszertifikaten kommen. Die Deutsche Energieagentur errechnete, dass fünf Milliarden Euro pro Jahr notwendig sind, um die angestrebte und notwendige Verdopplung der jährlichen Sanierungsquote von ein auf zwei Prozent der Gebäude zu erreichen.Meinung

Es dauert noch hundert JahreOhne Wärmedämmung und andere Heizsysteme sind die deutschen Klimaziele nie und nimmer zu erreichen. Auf Gebäude entfallen 40 Prozent des Primärenergieverbrauchs. Bei der derzeitigen jährlichen Sanierungsquote von einem Prozent des Bestandes wird es noch hundert Jahre dauern, ehe alle Häuser halbwegs modernisiert sind. Nun lässt die Unberechenbarkeit der Politik die Eigentümer zögern. Im Jahresabstand werden Fördertöpfe mal gekürzt, mal aufgestockt. Gesetze zur steuerlichen Absetzbarkeit beschlossen und nicht realisiert. Diese Regierung spielt mit dem Thema, statt es ernsthaft und konzentriert anzugehen. Ein Armutszeugnis. Nötig ist ein Strauß von Maßnahmen. Fünf Milliarden Euro pro Jahr, intelligent eingesetzt, wären nötig, um eine drastische Beschleunigung zu erreichen. Das ist weniger als manches schnell verpuffte Konjunkturprogramm gekostet hat. nachrichten.red@volksfreund.de

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